Tourismusverbände und Hoteliers erkennen immer öfter, dass nicht nur der Betrieb ausschlaggebend für die Wahl oder den Verbleib von Mitarbeiter:innen ist, sondern die gesamte Region. Menschen wollen sich nicht nur im Betrieb wohlfühlen, sondern in die Region integriert werden und rasch Kontakte zu Kolleg:innen in der Branche knüpfen. Wir stellen heute das Projekt der "Kaiserschaft" vor, wo all diese Stakeholder wertschätzend miteinander verbunden werden. Katie Tropper, die Projektleiterin erzählt uns mehr davon:
ÖHV: Wie ist es zu dem Projekt die „Kaiserschaft“ gekommen?
Katie Tropper: Die „Kaiserschaft“ ist aus dem Forum „Tourismus neu denken“ des Tourismusverbandes Wilder Kaiser entstanden. Entscheidungsträger der Region, aber auch Einwohner, Gäste und Mitarbeiter:innen wurden in einem Bürgerbeteiligungsprozess gebeten, sich ökologisch, ökonomisch und sozial Verbesserungen und Innovationen für den „Wilden Kaiser“ zu überlegen. Von Anfang an war das Projekt durch einen hohen Grad an Integration und Partizipation aller Menschen der Region geprägt.
Die Projektleitung des Handlungsfeldes „Arbeit“ wurde dann in meine Hände gelegt und rasch waren aufgeschlossene, visionäre Betriebe gefunden. Zu Beginn des Prozesses war besonders viel Selbstreflexion des eigenen Führungsverhaltens notwendig und auch die Beleuchtung der Frage „was Mitarbeiter:innen wirklich an diesem Platz brauchen“. „Platz“ im ureigensten Sinn von „Arbeitsplatz“ aber auch im System des Unternehmens und in weiterer Folge auch ihr „Platz“ in der Region. Ein intensiver, aber wertvoller Prozess mit allen Teilnehmer:innen!
Aus einer Mitarbeiter:innen-Befragung ging hervor, dass diese sich „eine gute und faire Führungskraft“ erwarten und der Wunsch nach dem Gemeinsamen (sich mit anderen in der Region vernetzen, aber auch Team-Events und mehr) im Vordergrund stehen. Werte, die die Kaiserschaft sodann auch für Ihre 8 Werte-Charta aufgegriffen hat.
ÖHV: Wie erfolgt die praktische Umsetzung der Charta? Wie erleben die Mitarbeiter:innen diese Werte?
Katie Tropper: Die Charta wurde tatsächlich von innen heraus mit den Kaiserschaft-Betrieben entwickelt – wie wollen wir nach außen wirken und was gleichzeitig nach innen versprechen? Hinter jedem Charta-Punkt stehen konkrete Umsetzungsfelder. Punkt 4 „Förderung persönlicher Entwicklung“ beinhaltet unser Versprechen „die Weiterbildung jedes und jeder einzelnen zu fördern“. Wir bieten eine Vielzahl von praktisch relevanten Kursen an, derzeit starten wir sogar den ersten Lehrgang in systemischer Führungskräfteentwicklung!
Die jungen Mitarbeiter:innen und auch die Praktikant:innen liegen uns besonders am Herzen. Für diese wurde das „KaiserTalente Programm“ gegründet. Wir gestalten einen Pre-onboarding-Prozess, einen Welcome-Day für alle Praktikant:innen der Region und ich bin auch erste Ansprechperson für deren Anliegen. An diesem Welcome-Day werden mit einer Trainerin ihre Werte erarbeitet und auch die Werte der Kaiserschaft transportiert – neue Kontakte geknüpft und der Start im Praktikum schon einmal sehr aufgewertet und erleichtert!
Mitarbeiter:innen Zufriedenheit muss messbar gemacht werden. Aus diesem Grund arbeiten wir auch mit Hochschulen zusammen und führen regelmäßige Befragungen durch.
ÖHV: Was bringt die Zukunft für die Kaiserschaft?
Katie Tropper: Unser Lehrgang für systemisches Leadership startet in Kürze und wir suchen eine:n Feel-good-Manager:in, der/die sich um das Community Management der Mitarbeiter:innen in unserer Region kümmert.
Wichtig ist mir auch zu sagen, dass wir immer wieder bewusst den Schritt über unser operatives Denken im Hotel hinaus machen und uns fragen: Was brauchen die Menschen generell hier am Wilden Kaiser? Das Projekt wird vom Tourismusverband unterstützt und hier geht es stets um das Verbindende und um die Weiterentwicklung für die gesamte Region.
Die Kaiserschaft ist eine win-win Situation für uns. Egal ob Service-Crash-Kurs oder Infos zum gemeinsam Saisonstart, alle Betriebe der Kaiserschaft helfen zusammen und stellen zum Beispiel auch ihre Räumlichkeiten und Profis zur Verfügung. Das gibt den Mitarbeiter:innen die Sicherheit, dass sie nicht ins sprichwörtlich kalte Wasser geworfen werden, sondern sie auf sehr einfachem Wege immer die Möglichkeit für Schulungen bekommen.
Besonders geschätzt wird das Netzwerk - vor allem für junge Menschen sind die Welcome-Days, gemeinsame Ausflüge und auch der Abschlusstag wichtige soziale Aktivitäten während ihrer Zeit am Wilden Kaiser. Viele Mitarbeiter:innen kommen genau deswegen auch wieder für die nächste Saison in unsere Region.
Als Verband sehen wir unsere Aufgabe darin, unsere Mitglieder dort zu unterstützen, wo sie der Schuh am meisten drückt. Das ist derzeit der Bereich Mitarbeiter:innenbedarf. Dank guten touristischen Erfolges, allen Krisen zum Trotz, können wir es uns leisten, hierfür verschiedene Ansätze auszuprobieren.
Der TVB finanziert das Projektmanagement der Kaiserschaft, die Mitglieder anteilig die Projektkosten wie Mitarbeiterbefragungstools. Die Kaiserschaft hilft uns, beim Thema „Gute Arbeitsbedingungen und Verwirklichung im Tourismus“ medial präsent zu sein.
Die StaffCard ist eine upgegradete Variante der Gästecard und wird vom TVB digital ausgestellt und übermittelt.
Die Kaiserschaft
Zusammenschluss von 16 teilnehmenden Betriebe als Vorreiter für nachhaltig attraktive Arbeitsplätze in der Region Wilder Kaiser.
Die Bandbreite der Mitglieder reicht vom Weinatelier-Agnes in Söll mit 8 Mitarbeiter:innen bis zum Stanglwirt mit rund 300 in Going. Aktuell zahlen die Mitgliedsbetriebe der Kaiserschaft keinen Beitrag. Aber sie müssen bereit sein, die 8-Punkte-Charta zu unterschreiben und zu leben.Arbeitnehmer:innen-Bindung durch Weiterbildungs-Programme, Ideen für eine ausgeglichene Work-life-Balance, Mentoren -und Mentorinnenprogramme und Awards.
Alle Mitarbeiter:innen bekommen eine StaffCard, mit der sie an zahlreichen Freizeitaktivitäten in der Region teilnehmen können (auch mit Begleitpersonen).