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Arbeitszeit und Arbeitsruhe für leitende Arbeitnehmer:innen und Familienangehörige

Arbeitszeit und Arbeitsruhe für leitende Arbeitnehmer:innen und Familienangehörige

Unsere Arbeitsrechtsexperte Dr. Günther Steinlechner erklärt das Thema anhand von Beispielen. (Stand November 2023)

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Leitende Angestellte und nahe Familienangehörige, die im Betrieb arbeiten, unterliegen unter bestimmten Voraussetzungen weder dem Arbeitszeitgesetz noch dem Arbeitsruhegesetz. Damit sind sie nicht verpflichtet, sich an die Höchstgrenzen der Arbeitszeit, die tägliche Ruhezeit, die wöchentliche Ruhezeit und die Ruhepause zu halten.

Die bestimmten Voraussetzungen bzw. Ausnahmen beleuchten wir in diesem Artikel näher:

Familienhafte Mitarbeit

Nahe Familienangehörige können im Familienbetrieb im Rahmen der familienhaften Mitarbeit freiwillig tätig werden, ohne dass ein Arbeitsvertrag abgeschlossen werden muss. Voraussetzung dafür ist, dass der Familienbetrieb von einem Angehörigen als Einzelunternehmen geführt wird. Die Eigenschaft als Familienangehöriger kann niemals zu einer GmbH, OHG oder sonstigen Gesellschaftsform begründet werden.

Bei Ehegatten und bei Lebensgefährten liegt im Zweifel kein Dienstverhältnis vor.

Beispiel:
Die Ehefrau kümmert sich im Rahmen ihrer ehelichen Beistandspflicht im Hotel ihres Ehegatten um die Buchhaltung. Bei Kindern liegt im Zweifel kein Dienstverhältnis vor, wenn sie sich in vollversicherter Erwerbstätigkeit oder in Ausbildung befinden.

Beispiel:
Die Tochter eines Hoteliers, die andernorts studiert, kommt in den Weihnachtsferien nach Hause und unterstützt den Vater und die Belegschaft als Einspringerin tageweise im Service.

 

Bei Eltern, Großeltern und Geschwistern liegt im Zweifel kein Dienstverhältnis vor, wenn sie nur kurzfristig tätig werden und sich in vollversicherter Erwerbstätigkeit, in Ausbildung oder in Pension befinden.

Beispiel:
Ein Hotelier betreibt neben dem Hotel an der Piste eine Skihütte. Während der Schulferien, in denen besonders viel los ist, hilft in dieser Skihütte stundenweise sein Vater in der Schank aus.

Achtung

  • Je weiter entfernt Verwandte sind, desto eher liegt ein Dienstverhältnis vor. Es ist dringend geraten, solche entfernte Verwandte nur ganz kurzfristig einzusetzen und ausdrücklich schriftlich Unentgeltlichkeit zu vereinbaren.

Beispiel:
Der Neffe eines Hoteliers im Skigebiet, der andernorts studiert, kommt in den Weihnachtsferien zu seinem Onkel, um Skifahren zu gehen. Er unterschreibt, dass er seinem Onkel stundenweise an der Rezeption zur Hand geht, dass dies aber unentgeltlich erfolgt.

 

Familienangehörige mit Arbeitsvertrag

Familienangehörige, die im Familienbetrieb mit Arbeitsvertrag beschäftigt werden, unterliegen dann nicht dem Arbeitszeit- und Arbeitsruhegesetz, wenn ihre gesamte Arbeitszeit aufgrund der besonderen Merkmale der Tätigkeit nicht gemessen und im Voraus festgelegt wird oder von Ihnen hinsichtlich Lage und Dauer selbst festgelegt werden kann. Voraussetzung dafür ist, dass der Familienbetrieb von einem Angehörigen als Einzelunternehmen geführt wird. Die Eigenschaft als Familienangehöriger kann niemals zu einer GmbH, OHG oder sonstigen Gesellschaftsform begründet werden.

Achtung

  • Unter Familienangehörigen versteht das Gesetz Eltern, volljährige Kinder, den im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehegatten, den eingetragenen Partner sowie den Lebensgefährten, wenn seit mindestens drei Jahren ein gemeinsamer Haushalt besteht.

Wollen solche Familienangehörige aus dem Geltungsbereich des Arbeitszeit- und Arbeitsruhegesetzes ausgenommen sein, dürfen sie keine Arbeiten verrichten, bei denen die Arbeitszeit typischerweise im Vorhinein festgelegt ist.

Beispiel 1:
Die Ehefrau, die von ihrem Ehegatten in seinem Hotel mit Arbeitsvertrag beschäftigt wird, um die Buchhaltung zu betreuen, trifft selbst die Entscheidung, wann und in welchem Ausmaß sie ihre Arbeit - also verschiedene Buchhaltungstätigkeiten - verrichtet. Sie unterliegt nicht dem Arbeitszeit- und Arbeitsruhegesetz.

Beispiel 2:
Die Ehefrau, die von ihrem Ehegatten in seinem Hotel als Küchenchefin mit Arbeitsvertrag beschäftigt wird, kann nicht selbst die Entscheidung treffen, wann und in welchem Ausmaß sie ihre Arbeit verrichtet. Sie ist vielmehr an die Halbpensionszeiten und damit an die Küchenzeiten gebunden. Sie unterliegt dem Arbeitszeit- und Arbeitsruhegesetz.

Achtung

  • Auch wenn Familienangehörige mit Arbeitsvertrag aus dem Geltungsbereich des Arbeitszeit- und Arbeitsruhegesetzes ausgenommen sind, müssen sie - zumindest pauschal - ihre Arbeitszeit erfassen, da sie dem Kollektivvertrag für Angestellte im Hotel- und Gastgewerbe unterliegen und damit Anspruch auf Bezahlung ihrer Arbeitszeit inklusive ihrer Überstunden haben. Dem Arbeitsinspektor muss auf die solcherart erfassten Arbeitszeiten aber kein Zugriff gewährt werden.

Leitende Arbeitnehmer:innen

Leitende Arbeitnehmer:innen können nach dem Wortlaut des Gesetzes Arbeiter:innen oder Angestellte sein. Sie unterliegen jedenfalls dann nicht dem Arbeitszeit- und Arbeitsruhegesetz, wenn

  • ihnen maßgebliche selbstständige Entscheidungsbefugnis übertragen ist und
  • ihre gesamte Arbeitszeit aufgrund der besonderen Merkmale der Tätigkeit nicht gemessen und im Voraus festgelegt wird oder von Ihnen hinsichtlich Lage und Dauer selbst festgelegt werden kann.

Leitende Arbeitnehmer:innen sind Führungskräfte, die einen wesentlichen Bereich oder eine wesentliche Abteilung eines Betriebes eigenverantwortlich leiten und dabei eigenständig Entscheidungen in personeller oder finanzieller Hinsicht treffen dürfen. Dazu kommt, dass ihr Aufgabenbereich eine Bindung an fixe Arbeitszeitgrenzen kaum zulässt, da sie sich die Arbeitszeit weitgehend selbst einteilen können, und dass sie gewöhnlich ein überdurchschnittliches Entgelt beziehen.

Wollen leitende Angestellte aus dem Geltungsbereich des Arbeitszeit- und Arbeitsruhegesetzes ausgenommen sein, dürfen sie aber auch keine Arbeiten verrichten, bei denen die Arbeitszeit typischerweise im Vorhinein festgelegt ist.

Beispiel 1:
Eine Hoteldirektorin trifft selbst die Entscheidung, wann und in welchem Ausmaß sie ihre Arbeit verrichtet. Wenn sie benötigt wird, ist sie zur Stelle, der konkrete Zeitpunkt oder Zeitraum steht aber nicht im Vorhinein fest. Ihre Arbeitszeit übermittelt sie aufgrund eigener Aufzeichnungen im Nachhinein dem Lohnbüro. Sie ist leitende Angestellte und unterliegt nicht dem Arbeitszeit- und Arbeitsruhegesetz.

Beispiel 2:
Ein Restaurantleiter trägt sich regelmäßig in den Dienstplan ein, damit seine Mitarbeiter:innen wissen, wann er arbeitet, und erfasst täglich in der Früh und am Abend seine Arbeitszeit am Zeiterfassungsgerät. Er ist kein leitender Angestellter und unterliegt daher dem Arbeitszeit- und Arbeitsruhegesetz.

Achtung

  • Auch wenn leitende Arbeitnehmer:innen aus dem Geltungsbereich des Arbeitszeit- und Arbeitsruhegesetzes ausgenommen sind, müssen sie - zumindest pauschal - ihre Arbeitszeit erfassen, da sie den Kollektivverträgen für Arbeiter oder Angestellte im Hotel- und Gastgewerbe unterliegen und damit Anspruch auf Bezahlung ihrer Arbeitszeit inklusive ihre Überstunden haben. Dem/der  Arbeitsinspektor:in muss auf die solcherart erfassten Arbeitszeiten aber kein Zugriff gewährt werden.

Ihre Ansprechpartnerin

Mag. Maria Wottawa

Mag. Maria Wottawa

Rechtsservice E-Mail senden +43 1 5330952-14
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