Wenn Bilder lügen
„Am Morgen gehe ich durch mein Haus. Der Speisesaal ist voll, jeder Tisch besetzt – sogar der kleine Platz in der Ecke, den wir sonst nur im Notfall vergeben. Ich schaue hinaus auf den Parkplatz: Die Reihe direkt beim Eingang ist voll, und selbst die abgelegenen Stellplätze ganz hinten sind belegt. Am Abend dasselbe Bild: Das Restaurant ist gut gefüllt, geschäftiges Treiben überall. An der Rezeption bestätigt mir die Mitarbeiterin: „Chef, wir sind so gut wie ausgebucht!“
Später setze ich mich ins Büro, öffne die Kontoseite und lehne mich zufrieden zurück. Ich warte, bis die Zahlen erscheinen. Doch als sie auf dem Bildschirm aufleuchten, runzle ich die Stirn, beuge mich näher an den Bildschirm heran, als müsste ich die Anzeige des Kontostands noch einmal prüfen. Hm, komisch. Irgendetwas stimmt da nicht!“
Die Zahlen bestätigen das Bauchgefühl
Und tatsächlich: Das Bauchgefühl des Hoteliers erweist sich als richtig. Die Daten belegen klar, dass etwas nicht stimmt. Laut WIFO sank die reale Bruttowertschöpfung der Beherbergung und Gastronomie 2024 um –3,9 % gegenüber dem Vorjahr – obwohl die Nächtigungen leicht zunahmen. Die gesamte österreichische Wirtschaft schrumpfte 2024 um –1,4 %, wäre aber ohne den negativen Beitrag des Tourismus um 0,1 Prozentpunkte geringer zurückgegangen. Der Konjunkturmotor stottert – und ausgerechnet der Tourismus, sonst Treibstoff für die Wirtschaft, drückt plötzlich auf die Bremse.
Und die Aussichten sind kaum beruhigender: Für 2025 erwartet das WIFO stabile Nächtigungen auf hohem Niveau (154,6 Mio., +0,2 % gegenüber 2024), doch preisbereinigt bleibt die Wertschöpfung unter Druck. Gleichzeitig rechnet die Prognose mit einem Rückgang des realen BIP um –0,3 %. Mit anderen Worten: Die Häuser sind voll, die Nachfrage ist da – aber wirtschaftlich bleibt die Lage angespannt.
Warum der Tourismus selbst zur Bremse wird
Doch warum ist der Tourismus, der früher die Lokomotive war, die selbst in schwierigen Zeiten den Zug der Wirtschaft zog, heute selbst zum Waggon geworden, der bremst? Welche Gründe stecken dahinter?
Die Gründe dafür sind vielfältig – wie viele kleine Mäuse, die Stück für Stück am Gewinnkuchen knabbern. Die Einkaufspreise, vor allem bei den Lebensmitteln, steigen. Hohe Stromkosten rauben Unternehmer:innen die wirtschaftliche Energie. Die Personalkosten schieben sich wie ein immer schwerer werdender Rucksack auf die Schultern des Betriebs. Plattformen wie Booking & Co. wirken wie unsichtbare Mitgesellschafter, die bei jeder Buchung still mitverdienen, während Kreditkartenprovisionen wie ständige Tropfen aufs Konto wirken – einzeln kaum spürbar, in Summe lassen sie aber das Wasser langsam bis zum Hals steigen. Und noch bevor der Betrieb ins eigene Portemonnaie greifen kann, nimmt der Staat seinen Anteil. So voll das Haus auch ist – am Ende bleibt für viele Hoteliers und Hotelièren nur ein dünner Rand des Kuchens der Wertschöpfung als Gewinn übrig.
Wer steuert - und wer nur treibt
Es nützt nichts, nur zu klagen. Denn es gibt sie tatsächlich: Betriebe, die trotz steigender Kosten, Fachkräftemangel und hoher Abgaben gegen den Trend arbeiten – und sogar positive Entwicklungen verzeichnen. Doch was macht den Unterschied? Worin liegt das Geheimnis jener Häuser, die es schaffen, das Ruder herumzureißen – im Gegensatz zu jenen, die am Ende ratlos vor ihrem Kontoauszug sitzen?
Die Betriebe, die gegen den Trend bestehen, sitzen meist nicht nur passiv im Boot und hoffen, dass es schon gut ausgeht. Sie geben das Steuerrad nicht aus der Hand – schon gar nicht an den Steuerberater, der nur den Blick in den Rückspiegel liefert. Wer in den Rückspiegel schaut, hat den Blick nicht nach vorne gerichtet.
Erfolgreiche Hoteliers und Hotelièren greifen selbst zum Steuerrad, haben die Route im Blick und wissen, wo ihre Gefahrenstellen lauern. Sie planen voraus, setzen die Segel richtig und korrigieren den Kurs rechtzeitig, wenn der Wind dreht. Wer das Ruder loslässt, treibt – wer es in der Hand behält, steuert.
Hand aufs Herz - Kennen Sie Ihre Zahlen wirklich?
Wissen Sie, wo in Ihrem Betrieb Geld verdient wird – und wo es unbemerkt verloren geht? Haben Sie ein Budget, das Ihnen als Kurs dient, und Forecasts, die zeigen, wohin die Reise geht? Nutzen Sie die Chancen der Digitalisierung – indem Sie Ihre Daten vernetzen? Denn solange Ihre Daten wie verstreute Puzzleteile in PMS, Kassa, HR und Buchhaltung liegen, entsteht kein Mehrwert. Erst wenn die Teile zusammengefügt sind, zeigt sich das ganze Bild. Haben Sie ein Tool, das Ihnen genau dieses Bild auf Knopfdruck liefert und klar macht, wo Ihre Handlungsfelder liegen?
Grafik: Im DiGi pOiNT-Dashboard werden alle Kostenbereiche wie Wareneinsätze, Personal, Energie, Zinsen oder Abschreibungen, usw. dargestellt. Jeder Balken zeigt die prozentuelle Veränderung im Verhältnis zu einer Kennzahl wie z.B. Auslastung oder Umsatz. Positive Balken bedeuten gestiegene Kosten, negative Balken Einsparungen. So werden die Handlungsfelder des Betriebs auf einen Blick sichtbar!

Von der Kennzahl zur Maßnahme
Sind die Handlungsfelder einmal identifiziert, lassen sich schnell konkrete Maßnahmen ableiten. Hierzu ein paar Beispiele:
- Der OTA-Anteil ist in zwei Jahren von 25 % auf über 30 % gestiegen. Neben einer professionellen Website lohnt es sich, KI-gestützte Tools einzusetzen, die Besucher:innen live ansprechen, Fragen beantworten und zum Abschluss führen. So wandelt sich Traffic in Buchungen, und jeder Prozentpunkt weniger OTA-Anteil wirkt sofort auf den Gewinn.
- Der Bierwareneinsatz liegt deutlich über dem Branchenschnitt – ein Hinweis auf langfristige Verträge mit der Brauerei. Häufig wurden Schankanlagen „gratis“ gestellt, dafür aber teure Abnahmekonditionen vereinbart. Wer gegensteuern will, prüft die Vertragslaufzeit, bereitet rechtzeitig Neuverhandlungen vor und kalkuliert, ab wann ein Wechsel auf marktübliche Preise den Deckungsbeitrag spürbar verbessert.
- Die Energiekosten und der Wasserverbrauch pro belegtem Zimmer liegen über Benchmark-Niveau. Auch hier gibt es smarte Lösungen: Intelligente Thermostate, Bewegungsmelder für Licht oder automatische Standby-Abschaltungen sowie wassersparende Duschköpfe, Sensorarmaturen oder Spülstoppsysteme senken die Verbräuche signifikant.
- Nach einer Renovierung oder einem Umbau steigen Kreditraten und Abschreibungen spürbar – doch die Zimmerpreise bleiben oft unverändert. Das Handlungsfeld ist die Preisgestaltung nach Investitionen. Wer durchrechnet, um welchen Betrag der Zimmerpreis steigen muss, um die zusätzlichen Kosten zu decken, erkennt sofort, ob die Finanzierung realistisch ist. Nur mit dieser Kalkulation wird klar, wie viele Nächte verkauft werden müssen, damit sich die Investition trägt.
- Die Personalkostenquote im F&B-Beriche ist gestiegen. Das Lohnniveau hat sich aber nur unwesentlich verändert. Hier können Umsatz und Personaleinsatz als zwei übereinanderliegende Zeitreihen (Umsatz Linie, Personaleinsatzlinie auf der Sekundärachse) in einer Grafik visualisiert werden. Wo sich die Abstände der beiden Linien vergrößern (oft in Randzeiten) sollten die Schichten verkürzt und Pausen verlagert werden. Auch das Verknüpfen von historischen Umsatz- oder. Frequenzdaten mit Wetterdaten, gibt Aufschluss über den bevorstehenden Besucherandrang. Auf dieser Basis lassen sich Personaleinsatzpläne schon vorab optimieren. Das Ziel heisst: höherer Umsatz je Mitarbeiter:in/Stunde.
Grafik: „Kennzahl kWh pro belegtem Bett im Plan-vs-Vorjahr-Vergleich: Zuerst wird ein Zielwert definiert und Maßnahmen gesetzt. Im Kennzahlsystem wird anschließend sichtbar, ob diese Maßnahmen Wirkung zeigen – durch dynamische Vergleiche von Saisonen, Monaten oder Jahren.“

Wenn Zahlen die Wahrheit sprechen
Der Hotelier vom Anfang sitzt wieder vor seinem Bildschirm. Doch diesmal ist es anders. Er starrt nicht bang auf den Kontostand, der ihn überraschen könnte. Er öffnet sein Dashboard und verfolgt gespannt, wie die Maßnahmen greifen, die er aus seinen vernetzten Daten, den Forecasts und den klar erkennbaren Handlungsfeldern abgeleitet hat.
Früher ließ er sich von vollen Tischen und belegten Parkplätzen beruhigen, heute weiß er: Das sind nur Bilder. Entscheidend ist, was wirklich übrigbleibt. Er hat seine Einstellung geändert: vom Reagieren zum Agieren, vom Hoffen zum Steuern.
Kurswechsel statt Stillstand
Lassen Sie uns einen Kurswechsel vornehmen. Machen wir den Gewinnkuchen wieder größer – mit einem Rand, der satt macht. Sorgen Sie dafür, dass Sie nicht nur als Passagier mitfahren, sondern als Lokführer am Steuer stehen. Verwandeln wir den gebremsten Waggon wieder zurück in eine Lokomotive, die in eine positive Zukunft fährt. Ich bin Ihnen als Weichensteller gerne behilflich.

Informationen zum Autor:
Martin Tröstl ist seit über 10 Jahren selbstständig als Geschäftsführer und Eigentümer der HTC Tourismusconsulting & Controlling. Als systemischer Coach und zertifizierter Digital Consultant unterstützt er Hoteliers & Gastronomen mit seinem Tool DiGi pOiNT, ihre Betriebe durch digitales Controlling transparenter und profitabler zu steuern. Mit langjähriger Erfahrung in der Hotellerie verbindet er Praxiswissen mit modernen Ansätzen in Digitalisierung und Controlling.