ÖHV: Liebe Frau Dr. Sassen-Abfalter, lieber Herr Mag. Matzer, seit 01. Oktober bilden Sie das Geschäftsführungsteam der OeHT. Wie sind die Aufgaben aufgeteilt, wer verantwortet welche Bereiche?
Sassen-Abfalter: In einer Bank müssen die Agenden zwischen Markt und Marktfolge klar getrennt sein. Während Matthias sich um die Themen Förderung, Kunden, Marketing, Stakeholdermanagement und ESG kümmert, verantworte ich die klassischen Marktfolgethemen. Diese umfassen das Risikomanagement, den Finanzbereich, Personal, Recht, IT sowie die ex-Post Projektprüfung und die finanzielle Restrukturierung von Sanierungsfällen.
Matzer: Ein Drittel unseres Teams ist dem Marktbereich zugeordnet, die anderen Teammitglieder der Marktfolge. Wie in vielen Kommerzbanken, werden die aufsichtsrechtlichen Anforderungen mehr und ein klarer Umgang damit ein Muss. Themen wie Nachhaltigkeitsrisiken, oder Cybersecurity, werden meistens in der Marktfolge angesiedelt. Andrea und das Marktfolgeteam unterstützen uns im Markt somit wesentlich, damit wir uns ganz auf unsere Kundinnen und Kunden und die Bewilligung von Förderungen konzentrieren können.
Sasssen-Abfalter: Ja, ich bin überzeugt der Markt muss sehr nah an unseren Kunden und ihren Bedürfnissen sein. Nur so können wir gemeinsam - und dazu gehören auch unsere weiteren Stakeholder - erfolgreich sein. Am Ende geht es auch darum, den Auftrag des Bundes bestmöglich abzuwickeln.
ÖHV: Aus der Fördertätigkeit kennen Sie ja viele Bilanzen aus der heimischen Hotellerie und geben gemeinsam mit Partnern alljährlich den sogenannten „Fitness-Check für Hotels“ heraus. Wo sehen Sie derzeit die größten Herausforderungen für die Branche und wie kann die OeHT unterstützen?
Sassen-Abfalter: Die Arbeiten am neuen Fitness-Check 2025 starten bereits jetzt. Was sich jetzt schon in Jahresabschlüssen zeigt, ist, dass viele Betriebe trotz höherer Einnahmen auf Rekordniveau angesichts der starken Preisanstiege mit einer rückläufigen Ertragskraft kämpfen. Dies wird sich in schwächeren Ratings niederschlagen.
Matzer: Der Fitness-Check soll der Branche eine Orientierungshilfe bieten. Zum einen im Bereich der betriebswirtschaftlichen Kennzahlen, zum anderen aber auch beim Thema Nachhaltigkeit und ESG. Darüber hinaus können die OeHT-Produkte helfen, die Finanzierungskosten zu senken. Das gelingt zum Beispiel mit Zinsenzuschüssen.
Sassen-Abfalter: Insbesondere kann auch die OeHT-Unternehmensstabilisierung (mit Haftungen und Zuschüssen) helfen, Unternehmern, die in finanziellen Schwierigkeiten geraten sind, zu sanieren und wieder wirtschaftlich flott zu machen.
ÖHV: Fördernehmer:innen müssen ja auf Basis eines Energieausweises Angaben zu ESG-Kriterien machen. Sind da in Zeiten von hohen Energiepreisen bereits Einsparungen beim Energieverbrauch oder Verbesserungen bei den anderen Kriterien erkennbar? Wie wichtig sind nach Ihrer Einschätzung überprüfbare Nachhaltigkeitsbemühungen künftig für Kreditwerber:innen?
Matzer: Wer bei uns einen Förderantrag stellt, muss grundsätzlich ESG-Daten zum Betrieb angeben. Das wird teilweise als bürokratisch empfunden, ist aber die einzige Möglichkeit diese Daten für die Branche zu sammeln und ihr im Rahmen von unseren Fitnesschecks wieder zur Verfügung zu stellen . Damit können wir auch die Entwicklungen der Branche tracken. Wir schließen aber niemanden von der Förderung wegen schlechter ESG-Werte aus. Vielmehr ist unser Ziel, mit unseren grünen Förderungen die Unternehmerinnen und Unternehmer zu einem nachhaltigen Investitionsschritt zu motivieren.
ESG und Nachhaltigkeit sind gekommen, um zu bleiben. Sich nicht mit dem Thema zu beschäftigen und seinen Betrieb hier zukunftsfit zu machen, schätzen wir als eine sehr riskante Strategie ein. Zumal viele Nachhaltigkeitsthemen unmittelbar kostenrelevant sind und einen G&V Impact haben. Denken Sie nur an die Explosion der Energiepreise in den Jahren ab 2022 und wie hart diese Branche davon getroffen wurde.
ÖHV: Die Hotellerie macht sich Sorgen, dass durch Regularien wie Basel IV Kredite weiter verteuert werden. Was ist Ihre Einschätzung dazu?
Sassen-Abfalter: Die Sorge besteht grundsätzlich zu Recht. Das Thema ist seit Anfang 2025 virulent, da sich die Risikogewichtung für sogenannte Einkommen generierende gewerbliche Immobilien regulatorisch erhöht hat. In diese Kategorie fallen auch Hotelimmobilien. Damit erhöhen sich die Kosten bei den Banken für solche Kredite in der Eigenmittelunterlegung und damit zuletzt wohl auch für die Kundinnen und Kunden.
Matzer: Spannend ist, dass es zu der Höhe der Aufschlägen Anfang des Jahres sehr unterschiedliche Aussagen seitens der Hausbanken gegeben hat. Von ein paar Basispunkten bis hin zu doch erheblichen Aufschlägen von über 0,6-0,7 Prozent. Im Laufe des Jahres haben wir daher intensiv die Ausfinanzierungskonditionen der Hausbanken gemonitort. Von dieser Seite kann man für 2025 noch Entwarnung geben, zumindest bei den sehr guten und guten Betrieben. Da liegen speziell im Westen Österreichs die Aufschläge für Hausbankfinanzierung nicht selten um 1% über dem 3 Monats-Euribor, für 15 Jahre Kreditlaufzeit. Das sind sehr kompetitive Konditionen.
Sassen-Abfalter: Da die OeHT von der CRR grundsätzlich ausgenommen ist, hat die Erhöhung keine unmittelbare Auswirkung auf die bestehenden OeHT-Konditionen für das Kerngeschäft.
ÖHV: Was sind aus Ihrer Sicht die 3 wichtigsten Tipps für künftige Förderwerber:innen? Wie überzeugt man eine Bank, dass das Vorhaben unterstützenswert ist?
Matzer: Erstens: Greifen Sie bitte zum Telefon und lassen Sie sich von unserem Team beraten.
Sassen-Abfalter: Zweitens. Bitte achten Sie auf die Auflagen in unseren Förderverträgen. Wir müssen leider immer wieder Förderungen kürzen bzw. nachträglich rückfordern, weil sich Förderwerber nicht an die Spielregeln halten und die Auflagen der Förder-Richtlinien ausblenden. Das ist für alle Betroffenen unerfreulich und sehr mühsam.
Matzer: Drittens. Wir sind oft ein Gütesiegel für ein Projekt. Wenn wir an ein Projekt glauben und mit unserer Förderung an Bord sind, geht es häufig auch mit der Hausbank leichter.
ÖHV: Viele Hotels sind familiengeführt. Welche Tipps haben Sie für kleinere Betriebe, die sich bei Förderungen oft schwerer tun?
Sassen-Abfalter: Bitte kontaktieren Sie uns früh genug, also jedenfalls vor dem Vorhabensbeginn. Es ist schade, wenn wir aufgrund von verspäteten Förderanträgen bereits angefallene Kosten nicht mehr als förderbar einstufen können und damit eine Förderung reduzieren müssen, die grundsätzlich in voller Höhe gewährt werden hätte können.
Reden Sie bitte mit uns. Oft braucht es nur 10 Minuten für eine grundsätzliche Einschätzung, ob ein Projekt förderbar ist oder nicht.
ÖHV: Was erwidern Sie Kritiker:innen, die sagen, die Förderabwicklung der OeHT ist zu bürokratisch und aufwändig?
Matzer: Wir sind laufend mit dem zuständigen Ministerium dabei, die Förderprozesse zu evaluieren und zu verbessern. Gerade versuchen wir unsere Anforderungen an die Energieausweise zu vereinfachen und damit einem großen Anliegen der Branche Rechnung zu tragen.
ÖHV: Frau Sassen-Abfalter, was haben Sie sich für die ersten 100 Tage in der Marktfolge vorgenommen?
Sassen-Abfalter: Ich habe ein bisschen einen Heimvorteil, da ich die letzten sechs Jahre im Aufsichtsrat der OeHT gewesen bin und daher das Geschäftsmodell, aber auch die Branche sehr gut kennengelernt habe. Nun in der Geschäftsführung möchte ich mich noch intensiver mit ihren Herausforderungen auseinandersetzen und aktiver den Gestaltungsprozess beeinflussen. Mein Ziel daher für die 100 ersten Tage: interne Abläufe hinterfragen, auch auf Goldplating durchleuchten und wo immer es geht, vereinfachen. Wichtig ist mir daher dem Markt zu helfen, sich wieder voll und ganz auf unsere Förderwerber und Förderwerberinnen zu konzentrieren.
ÖHV: Herzlichen Dank für das Gespräch und alles Gute!
Bilder: OeHT/David Sailer
Dr. Andrea Sassen-Abfalter ist Teil der Geschäftsführung der OeHT und zeichnet in dieser Funktion für den Geschäftsbereich Marktfolge verantwortlich. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Wien, dem Gerichtsjahres und der Tätigkeit in einer renommierten Rechtsanwaltskanzlei startete sie ihre Bankkarriere in der UniCredit Bank Austria AG. 2018 übernahm sie die Leitung der Abteilung Legal & Compliance in der OeKB AG. Die Juristin hält auch Aufsichtsratsmandate im Bereich des Energiemarktes.
MMag. Matthias Matzer ist seit 2022 Teil der Geschäftsführung der OeHT und zeichnet in dieser Funktion für den Geschäftsbereich Markt verantwortlich. Matzer absolvierte Studien der Rechts- sowie der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften in Graz. Nach dem Abschluss des Gerichtsjahres folgte der Einstieg in die Finanzbranche. Bei der Raiffeisen Bank International AG übernahm Matzer Aufgaben im Bereich Sales Investment Finance und leitete ab 2012 als Head of International Business die internationale Förderfinanzierung.