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Forderungsmanagement - Schuldnerverzug in Hotels

Forderungsmanagement - Schuldnerverzug in Hotels

Maßnahmen zur Durchsetzung offener Forderungen aus Sicht eines Hotels in Österreich

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Es kann frustrierend und finanziell belastend sein, wenn Gäste ihre Rechnungen nicht begleichen. Doch was können Hotels tun, um an ihr Geld zu kommen? In diesem Artikel werden die verschiedenen Möglichkeiten beleuchtet, wie Sie mit Schuldnerverzug umgehen können.

Ist vertraglich nichts abweichendes (z.B. An- oder Vorauszahlung) vereinbart, so ist das vereinbarte Beherbergungsentgelt zuzüglich den Entgelten für weitere Dienstleistungen oder Waren, die während dem Aufenthalt konsumiert wurden, spätestens bei Abreise zu bezahlen.

Schuldnerverzug

Erfolgt keine Zahlung, befindet sich der Gast im Schuldnerverzug (AGBH 2006, Punkt 8.1), es sei denn es ist eine Zahlung auf Rechnung vereinbart.
In diesem Fall tritt die Fälligkeit der Forderungen mit Ablauf des in der Rechnung genannten Zahlungsziels ein.

Verbraucher:innen müssen den Überweisungsauftrag vor Ablauf des Zahlungszieles erteilen, die Zahlung muss jedoch nicht innerhalb des Zahlungszieles einlangen (vgl § 6a Abs 2 KSchG).
Sind Gläubiger:innen Unternehmer:innen, müssen diese gemäß § 907a Abs 2 ABGB sicherstellen, dass der geschuldete Betrag bereits vor Ablauf des Zahlungszieles auf dem Konto einlangt, sie tragen somit selbst die Gefahr für eine Verzögerung oder das Unterbleiben der Überweisung (sofern die Ursache dafür nicht bei der Bank der Gläubiger:innen bzw. des Hotels liegt).

Zwischenabrechnung

  • Gemäß Punkt 9.3 der AGBH 2006 sind Hoteliers jederzeit berechtigt, eine frühere Abrechnung bzw. Zwischenabrechnung der erbrachten Leistungen durchzuführen.

Zurückbehaltungsrechte

Hoteliers steht ein Zurückbehaltungsrecht (AGBH 2006, Punkt 9.1) an den vom Gast eingebrachten Sachen für alle Forderungen aus dem Beherbergungsvertrag zu, selbst dann, wenn die Sachen nicht im Eigentum des Gastes sind, sondern beispielsweise einem mitgereisten Familienmitglied gehören.

Voraussetzung für eine Zurückbehaltung von Eigentum eines Dritten ist nach der Rechtssprechung des OGH, dass die Sachen vom Gast eingebracht wurden.

Die Herausgabe hat Zug um Zug gegen Leistung des ausstehenden Betrages zu erfolgen.

Verzugszinsen

Bei Verzug hat der Gast ab dem auf die Fälligkeit folgenden Tag Verzugszinsen zu bezahlen. Vertraglich vereinbarte Verzugszinsen haben Vorrang. Wurden keine Verzugszinsen vertraglich vereinbart gilt:

  • Gegenüber Verbrauchern beträgt der Verzugszinssatz 4 % pro Jahr.
  • Bei B2B Geschäften gilt gesetzlich ein höherer Verzugszinssatz (9,2 % über dem Basiszinssatz)

Näheres zu Verzugszinsen finden Sie hier: Rechtsinfo Verzugszinsen

Mahnung und Zahlungserinnerung

Das österreichische Recht sieht keine Verpflichtung zur Mahnung vor. Dennoch ist dies der erste empfehlenswerte Schritt, der in vielen Fällen ausreichend ist, um den Gast zur Begleichung der offenen Rechnung zu bewegen. Hier finden Sie nähere Infos und Vorlagen zu Mahnungen.

Telefonische Kontaktaufnahme

Wenn die schriftliche Zahlungserinnerung nicht zum gewünschten Ergebnis führt, kann ein persönliches Telefonat oft hilfreich sein.

Tipp

  • In manchen Bundesländern (jedoch nicht in allen) bietet die Wirtschaftskammer ein Service zur Übernahme der weiteren Forderungsbetreibung.
    Die Ansprechpartner:innen der Fachgruppe Ihres Bundeslandes stehen Ihnen hier gerne zur Verfügung.

Inkassobüro beauftragen

Wenn alle Bemühungen des Hotels erfolglos bleiben, kann die Beauftragung eines Inkassobüros eine weitere Option sein. Ein Inkassobüro ist darauf spezialisiert, offene Forderungen einzutreiben und kann rechtliche Schritte einleiten, um das Geld für das Hotel einzufordern. Es ist jedoch zu beachten, dass die Beauftragung eines Inkassobüros mit Kosten verbunden ist.

Bei Unternehmergeschäften kann gemäß § 458 ABGB eine pauschale (verschuldensunabhängige) Entschädigung iHv 40 Euro vom Schuldner gefordert werden.
Ein Verschulden des Schuldners am objektiven Verzug oder ein Nachweis dafür, dass die Betreibungskosten tatsächlich aufgewendet wurden, sind nicht notwendig.
Darüber hinausgehende Betreibungskosten können gemäß § 1333 Abs. 2 ABGB geltend gemacht werden. Für Inkassokosten sieht die Inkassokosten-Verordnung gewisse Höchstbeträge vor.

Gerichtliches Mahnverfahren

Wenn weder das Mahnverfahren noch die Beauftragung eines Inkassobüros erfolgreich sind, bleibt nur mehr der Gang vor Gericht.
Hier muss zwischen der inländischen und grenzüberschreitenden Forderungsbetreibung unterschieden werden.

Geltendmachung in Österreich

Das Hotel kann ein gerichtliches Mahnverfahren einleiten. Hierbei wird ein Antrag auf Erlass eines bedingten Zahlungsbefehls beim zuständigen Gericht eingebracht.

  • Anwaltspflicht: Bei einem Streitwert von mehr als 5.000 Euro müssen sich Kläger:innen von einem Anwalt bzw. einer Anwältin vertreten lassen.
  • Sachliche Zuständigkeit: Die Bezirksgerichte sind nur bis zu einem Streitwert von 15.000 Euro sachlich zuständig. Mahnklagen mit höheren Streitwerten müssen bei dem jeweils örtlich zuständigen Landesgericht eingebracht werden. Wenn die Klage gegen eine:n im Firmenbuch eingetragene:n Unternehmer:in gerichtet ist und auf Seiten der beklagten Partei ein unternehmensbezogenes Geschäft vorliegt, sind – bei einem Streitwert von bis zu 15.000 Euro – die Bezirksgerichte für Handelssachen (in Wien das BGHS) und – bei einem Streitwert von mehr als 15.000 Euro – die selbständigen Handelsgerichte (Landesgericht in Handelssachen oder in Wien das Handelsgericht) zuständig. Dies wird vor allem dann anzunehmen sein, wenn die Vertragspartner:innen juristische Person:en sind (vgl Pkt. 2.1 AGBH 2006).
  • Örtliche Zuständigkeit:
    • Gerichtsstandsvereinbarung: Eine Gerichtsstandsvereinbarungs-Klausel (im Beherbergungsvertrag oder in AGBs) über die örtliche Zuständigkeit geht grundsätzlich – sofern keine Zwangszuständigkeit besteht – der gesetzlich vorgesehenen Gerichtszuständigkeit vor.
    • Verbrauchergeschäfte:  Gemäß § 14 KSchG kann ein:e (inländische:r) Verbraucher:in (zulässigerweise) nur bei jenem Gericht geklagt werden, in dessen Sprengel sein bzw. ihr Wohnsitz, gewöhnlicher Aufenthalt oder Ort der Beschäftigung liegt. Diese Zuständigkeit verdrängt auch eine allfällige Gerichtsstandsvereinbarung.
    • Unternehmergeschäfte: Am Sitz (im Zweifel Ort der Verwaltung) des/der säumigen Vertragspartner:in gemäß § 75 JN oder alternativ am Sitz des klagenden Hotels, wenn dieser vertraglich als Erfüllungsort vereinbart wurde (vgl § 88 Abs 1 JN).

Der Zahlungsbefehl wird dem säumigen Gast durch eine:n Gerichtsvollzieher:in zugestellt und der Gast hat nun die Möglichkeit, innerhalb einer bestimmten Frist Einspruch gegen den Zahlungsbefehl einzulegen. (Der bedingte Zahlungsbefehl enthält den Auftrag den ausstehenden Betrag binnen 14 Tagen zu begleichen oder binnen vier Wochen (ab Zustellung) Einspruch zu erheben.) Wenn kein Einspruch erfolgt, wird der Zahlungsbefehl rechtskräftig und das Hotel kann weitere Schritte zur Zwangsvollstreckung einleiten.

Wenn die säumige Partei der Forderung nachkommt und den geforderten Geldbetrag innerhalb der Frist bezahlt, ist das Verfahren abgeschlossen.

Wenn der säumige Gast Einspruch gegen den Zahlungsbefehl einlegt, wird das Mahnverfahren in ein streitiges Verfahren umgewandelt. Dafür wird zunächst eine vorbereitende Tagsatzung zur mündlichen Verhandlung (vor Bezirksgericht oder Landesgericht) anberaumt.

Grenzüberschreitende Forderungsbeitreibung in der EU

Zur grenzüberschreitenden Betreibung von Forderungen innerhalb der EU sollte entweder ein EU-Mahnverfahren oder EU-Bagatellverfahren eingeleitet werden.

Diese beiden Verfahrensarten haben den Vorteil, dass sie mit einem auf der European e-justice Plattform verfügbaren Formblatt-A eingeleitet werden können und – unabhängig vom Streitwert - keine Anwaltspflicht besteht.
Das zuständige Gericht ergibt sich aus den Bestimmungen der EuGVVO und kann auch mit dem Europäischen Gerichtsatlas für Zivilsachen ermittelt werden. In der Regel liegt dieses im Mitgliedstaat des Wohnsitzes bzw. (bei Unternehmen) des satzungsgemäße Sitzes, der Hauptverwaltung oder der Hauptniederlassung des Schuldners bzw. der Schuldnerin.

Bei der Wahl des Verfahrens ist folgendes entscheidend:

  • Bei Forderungen bis zu 5.000Euro (ohne Zinsen, Kosten und Auslagen) kommen grundsätzlich beide Verfahren in Betracht, allerding kann das Mahnverfahren mit Einspruch (binnen 30 Tagen) beendet werden und wird anschließend ein nationales Zivilverfahren eingeleitet. Im EU-Bagatellverfahren fällt das angerufene Gericht im Falle der Bestreitung der Forderung durch den/die Schuldner:in (binnen 30 Tagen) direkt, und gegebenenfalls auch ohne mündliches Verfahren, ein Urteil, weshalb dieses bei Forderungen bis zu 5.000 Euro zu bevorzugen ist. Das EU-Bagatellverfahren zeichnet sich auch durch die, im Vergleich zum nationalen Verfahren, teilweise deutlich reduzierte Kosten aus.
  • Bei einer Forderung von mehr als 5.000Euro wäre das EU-Mahnverfahren zu wählen, da für dieses keine Streitwertobergrenze besteht.
Grenzüberschreitende Forderungsbeitreibung in der Schweiz, Norwegen und Island

Hierbei käme das Lugano-Übereinkommen (LGVÜ 2007) zur Anwendung, wonach Forderungen grundsätzlich bei den Gerichten des Staates geltend zu machen sind, in dessen Hoheitsgebiet Schuldner:innen ihren Wohnsitz bzw. (bei Unternehmen) der satzungsgemäße Sitz, die Hauptverwaltung oder Hauptniederlassung haben.

Andere Länder

Für internationale Gäste aus anderen Ländern muss dies fallspezifisch betrachtet werden.

Weitere Tipps und Links

Stand: September 2023

Ihr Ansprechpartner

Manuel Schrenk

Manuel Schrenk

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