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Was plant Elisabeth Zehetner für Hotellerie und Tourismus?
Interview

Was plant Elisabeth Zehetner für Hotellerie und Tourismus?

Seit 03. März ist Elisabeth Zehetner neue Staatssekretärin für Tourismus im Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft. Im Gespräch mit "die lobby" spricht sie über Herausforderungen, Chancen und konkrete Verbesserungen für die heimische Hotellerie.

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die lobby: Frau Staatssekretärin, was sind Ihre wichtigsten Ziele für die kommenden Monate?

E. Zehetner: Der Fachkräftemangel bleibt eines der größten Themen im Tourismus – und wir brauchen dringend mehr Planbarkeit für die Betriebe. Deshalb haben wir heuer besonders früh die Saisonkontingente freigegeben und auch das Westbalkan-Kontingent rechtzeitig auf den Weg gebracht. Das gibt den Unternehmen mehr Sicherheit in der Personalplanung. Gleichzeitig arbeiten wir an einem Update des Masterplans Tourismus. Themen wie Fachkräfte, Digitalisierung und Ganzjahrestourismus müssen stärker adressiert werden – auch mit Blick auf neue Herausforderungen und Chancen. Ein besonderes Anliegen ist mir auch das Thema Betriebsübergaben. Viele familiengeführte Betriebe stehen vor einem Generationenwechsel, gerade im ländlichen Raum. Hier legen wir ein gezieltes Unterstützungsprogramm auf, das den Übergabeprozess erleichtert und den Fortbestand dieser wichtigen Strukturen sichert.

 

die lobby: Wie stehen Sie zur Forderung der Branche nach einer flexibleren Arbeitskräftezuwanderung?

E. Zehetner: Ich verstehe, dass sich manche in der Branche noch mehr Öffnung wünschen. Aber wir dürfen nicht vergessen: Von unter 5.000 auf die heutige Zahl der Saisonarbeitskräfte zu kommen, war ein echter Kraftakt – und ein Erfolg, der in den Regierungsverhandlungen hart erarbeitet wurde. Diese Ausweitung ist ein klares Signal an die Branche. Gleichzeitig müssen wir an weiteren Stellschrauben drehen. Etwa bei der Rot-Weiß-Rot-Card: Hier geht es darum, wie wir Menschen, die bereits im Land sind, dauerhaft integrieren und ihnen eine Perspektive bieten können. Aber das alleine reicht nicht. Wir müssen auch die heimischen Potenziale besser nutzen – und das geht nur, wenn die Jobs im Tourismus attraktiver werden. Dazu gehört, dass Menschen bereit sind, für eine Stelle auch regional zu wechseln – und genau hier wird es bei Themen wie Wohnen, Mobilität oder Vereinbarkeit konkret. Ein wichtiger Punkt ist auch die Kinderbetreuung. Wenn wir wollen, dass mehr Frauen aus der Teilzeit in Richtung Vollzeit wechseln, müssen wir neue Modelle schaffen – etwa durch flexible und betrieblich mitgedachte Betreuungsangebote. So holen wir zusätzliche Arbeitskräfte ins System – und stärken gleichzeitig die Lebensqualität jener, die bereits im Tourismus tätig sind.

 

die lobby: Das aktuelle Regierungsprogramm sieht die Senkung der Lohnnebenkosten vor. In welchem Zeitrahmen ist das realistisch?

E. Zehetner: Die Herausforderung ist bekannt – und mir ist völlig klar, dass die Lohnnebenkosten für viele Betriebe ein echter Schmerzpunkt sind. Gerade im Tourismus, wo der Faktor Arbeit eine besonders große Rolle spielt, ist das Thema zentral für die Wettbewerbsfähigkeit. Im Regierungsprogramm ist die Senkung der Lohnnebenkosten ausdrücklich verankert – und sobald der finanzielle Spielraum es zulässt, wollen wir hier konkrete Schritte setzen. 

 

die lobby: Welche weiteren Entlastungen – z. B. steuerlich oder bürokratisch – sind für die Hotellerie geplant?

E. Zehetner: Gerade in der Hotellerie spürt man Bürokratie besonders schnell – ob bei täglichen Abläufen oder bei größeren Vorhaben wie Betriebsübergaben. Unser Ziel ist klar: Der Bürokratie-Speck muss weg. Ein erster konkreter Schritt ist die Abschaffung der Belegerteilungspflicht bis 35 Euro. Diese Belege sind für viele Betriebe ein echter Zeitfresser – und für Gäste völlig irrelevant. Das spart Geld, Zeit und Nerven. Darüber hinaus haben wir im Ministerium die SOKO Bürokratieabbau eingerichtet. Dort suchen wir gezielt nach besonders absurden, praxisfernen Vorschriften – und schaffen sie ab. Auch die sogenannte „Grace Period“, also Übergangsfristen bei neuen Vorschriften, wird derzeit überprüft. Es geht uns darum, echte Vereinfachungen zu erreichen – etwa auch bei Betriebsübergaben oder Genehmigungsverfahren.

Unser Anspruch ist: Weniger Zettelwirtschaft, mehr unternehmerischer Spielraum.

die lobby: Wie kann die Digitalisierung im Tourismus gezielter gefördert werden – besonders in kleinen und mittleren Betrieben?

E. Zehetner: Gerade für kleine und mittlere Betriebe ist die Digitalisierung eine große Chance – aber oft auch eine Herausforderung, sei es in finanzieller, technischer oder personeller Hinsicht. Deshalb ist es mir wichtig, dass wir gezielt Unterstützung bieten, die niederschwellig zugänglich ist und echten Mehrwert bringt. Ein gutes Beispiel ist das Programm KMU.Digital, das sich in der Praxis sehr bewährt hat. Es liefert konkrete Beratung, klare Orientierung und gezielte finanzielle Förderung – etwa bei der Umsetzung digitaler Geschäftsmodelle, bei Online-Marketing oder im Bereich Cybersicherheit. Zusätzlich setzen wir starke Anreize im Rahmen der gewerblichen Tourismusförderung. Besonders spannend ist hier der Nachhaltigkeitsbonus „Wirtschaft & Digitalisierung“: Wer bei einer Betriebsübernahme in digitale oder nachhaltige Maßnahmen investiert, kann bis zu 7 % Zuschuss erhalten – bei Projekten bis zu 5 Millionen Euro. Die Trends im digitalen Tourismus entwickeln sich rasant – von KI-gestützten Tools bis hin zu smarter Besucherlenkung. Unser Ziel ist es, den Betrieben zu helfen, diese Entwicklungen aktiv für sich zu nutzen – damit Österreichs Tourismus digital stark, innovativ und zukunftsfit bleibt.

 

die lobby: Was möchten Sie den Mitgliedern der ÖHV mit auf den Weg geben – worauf dürfen sie sich verlassen?

E. Zehetner: Dass ich an der Seite der Hotellerie stehe. Ich weiß, was diese Branche tagtäglich leistet – wirtschaftlich, gesellschaftlich und regional. Mein Anspruch ist es, nicht nur zuzuhören, sondern auch Lösungen zu liefern, die in der Praxis halten, was sie versprechen. Der Tourismus lebt von Menschen, die mit Herzblut dabei sind – genau das sehe ich in Ihren Betrieben jeden Tag. Und genau dafür möchte ich bestmögliche Voraussetzungen schaffen.

 

Frau Staatssekretärin, vielen Dank für das Gespräch!

Ihr Ansprechpartner

Martin Stanits

Martin Stanits

Leitung Public Affairs & Unternehmenssprecher E-Mail senden +43 1 5330952-20
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