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Hotel sucht Nachfolgerin und Nachfolger

Hotel sucht Nachfolgerin und Nachfolger

Österreichs Hotellerie befindet sich inmitten einer Übergabewelle. Der Wunsch vieler Hotelièren und Hoteliers ist es, dass der Sohn oder die Tochter oder mehrere Geschwister gemeinsam das Hotel übernehmen. Für Hotelierskinder erscheint dieses Zukunftsbild zunehmend weniger attraktiv. Dies stellt etliche Hoteliersfamilien vor eine Zerreißprobe und vor die Herausforderung, tragfähige Nachfolgelösungen zu entwickeln. Ein Beitrag von Unternehmensberater Clemens Westreicher.

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Eigentümergeführte Hotels sind Motor und Rückgrat des österreichischen Tourismus. Außerdem prägen Hoteliersfamilien zumeist seit Generationen das gesellschaftliche Leben in den Gemeinden. Erfolgreiche Hotelübergaben sind daher nicht nur für die Tourismusdestinationen, sondern auch für die Gemeinden von entscheidender Bedeutung.

In der Vergangenheit erfolgte die Hotelübergabe zum überwiegenden Teil innerhalb der Familie. Für viele Hotelièren und Hoteliers bildet diese Art der Übergabe auch heute die Wunschvorstellung. Diese Wunschvorstellung deckt sich nicht in jedem Fall mit den Lebens- und Karriereplänen der nächsten Generation. Vor diesem Hintergrund sind die Hotelièren und Hoteliers gefordert, innerhalb der Familie tragfähige Lösungen für sich und die Familienmitglieder sowie für das Hotel zu entwickeln. Erfahrungsgemäß wird durch eine gemeinsame Entwicklung von Zukunftsbildern das Interesse der nächsten Generation an der Hotelübernahme geweckt bzw. bekräftigt. Denn nicht selten offenbart sich die Option Hotelübernahme durch die vertiefte Auseinandersetzung mit ihr als durchaus attraktiv.

 

Hotelführung und Hoteleigentum

Lässt sich innerhalb der Hoteliersfamilie keine Nachfolgerin bzw. kein Nachfolger finden, ist die erste Reaktion des Hoteliers nicht selten: „Dann verkaufe ich!“ Erfahrungen zeigen, dass ein Verkauf des Hotels für die Eigentümerinnen und Eigentümer nicht die bevorzugte Lösung ist. Zudem sind Käuferinnen und Käufer von Ferienhotels rar und scheitern häufig an den unterschiedlichen Preisvorstellungen der Hoteliersfamilie und der potenziellen Käuferinnen und Käufer. Stellt sich in der Entwicklung der Zukunftsbilder hingegen heraus, dass der Verkauf der passende Lösungsansatz ist, bereiten die Eigentümer bzw. Eigentümerinnen den Verkauf idealerweise langfristig unter Berücksichtigung der persönlichen Lebens-, Vorsorge- und Vermögensplanung vor.

Häufig stellt sich in der Entwicklung von tragfähigen Zukunftsbildern mit Hoteliersfamilien heraus, dass es das operative Tagesgeschäft – die Hotelführung – ist, welches die nächste Generation von der Hotelübernahme abschreckt. Trifft dies zu, sind mehrere Lösungsansätze denkbar. Bei allen Lösungsansätzen erfolgt die Aufteilung des Hotels in die Hotelführung und das Hoteleigentum. Das Hoteleigentum, also Grund und Boden sowie Hotelgebäude samt Ausstattung und Einrichtung, verbleibt weiterhin in der Familie. Die Hotelführung hingegen wird einem Dritten übertragen. Je nach Wunsch der Hoteliersfamilie nach Einflussnahme auf die Hotelführung und die Bereitschaft, unternehmerisches Risiko zu tragen, bieten sich drei Führungsmodelle an: Direktionsmodell, Managementvertrag oder Pachtvertrag.

  • Im Direktionsmodell bleiben die Eigentümer bzw. Eigentümerinnen Geschäftsführer. Das operative Tagesgeschäft wird jedoch durch einen familienexternen, angestellten Hoteldirektor bzw. eine -direktorin geführt.
  • Ähnlich ist der Managementvertrag. Auf Basis umfassender Vertragswerke beauftragen die Eigentümerinnen bzw. Eigentümer eine Hotelbetreiberin bzw. einen -betreiber, das Hotel im Namen und auf Rechnung der Eigentümerfamilie zu führen. Diese bezahlt für die Hotelführung eine Vergütung.
  • Beim Pachtvertrag verpachtet die Eigentümerfamilie das Hotel. Der Pächter bzw. die Pächterin betreibt das Hotel im eigenen Namen und auf eigene Rechnung. Die Eigentümerinnen bzw. Eigentümer erhalten eine fixe und/oder variable Pacht. Anstatt des unternehmerischen Risikos tragen die Hoteleigentümerinnen bzw. -eigentümer u.a. das sogenannte Pächterrisiko, also das Finden eines Pächters bzw. einer Pächterin, der die vereinbarte Pacht nachhaltig erwirtschaftet und die Ausstattung sowie Einrichtung in einwandfreiem Zustand hält.

Alle drei Führungsmodelle können unter dem bisherigen Hotelnamen oder unter einer internationalen Hotelmarke (Franchisevertrag) betrieben werden. Welcher Lösungsansatz für die Hoteliersfamilie der richtige und erfolgsversprechendste ist, hängt maßgeblich von den Zielsetzungen der Familienmitglieder und ihrem finanziellen Handlungsspielraum ab.

Das Hoteleigentum verbleibt mittels einer vorübergehenden Hotelführung durch Dritte weiterhin in der Hand der Hoteliersfamilie. Diese hält sich so die Möglichkeit offen, das Hotel in Zukunft auch wieder selbst zu führen.

 


 

Der Autor:

Clemens Westreicher kennt den Tourismus als Hotelier, Manager, Gerichtssachverständiger und Berater im In- und Ausland sowie als neugieriger Gast. Er begleitet Hoteliersfamilien zu Fragen der strategischen Weiterentwicklung und der betrieblichen Übergabe.

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