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Gegenstrategien zur Teuerung
Teuerung

Gegenstrategien zur Teuerung

Steigende Zinsen werden die Ergebnisse der Hotels deutlich belasten. Dazu kommen explodierende Energie-, Lebensmittel- und Personalkosten. Consultant Dr. Gregor Hoch zeigt mögliche Gegenstrategien auf.

12. Juli 2022

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Dr. Gregor Hoch
Artikel von Dr. Gregor Hoch

Normalerweise erhöht eine Zentralbank dann Zinsen, wenn eine Volkswirtschaft zu überhitzen droht und infolge des allgemeinen Wirtschaftswachstums die Preise explodieren. Die höheren Konsumkosten greifen die Ersparnisse an, Menschen müssen ihren Konsum ändern, weil sie sich manches nicht mehr leisten können. Die Zinserhöhung verteuert Investitionen und dämpft so die wirtschaftliche Entwicklung, was der Preissteigerung entgegenwirkt. 

Dieses Szenario liegt im Moment aber nicht vor, da die Inflation in erster Linie durch den Import von Produkten getrieben ist, die im Preis stark gestiegen sind. In erster Linie sind dies Lebensmittel und Energie. In einem solchen Szenario macht eine Erhöhung des Zinssatzes nur eingeschränkt Sinn, da wir derzeit in einer Phase stagnierender Konjunktur sind. Dazu kommt, dass innerhalb des Euro-Raumes einige Staaten hoch verschuldet sind. Bei einer Erhöhung des Leitzinses hätten diese Staaten Schwierigkeiten, all ihren Verpflichtungen nachzukommen. Aufgrund der vielen Faktoren, die den Zinssatz in verschiedene Richtungen ziehen, kann keine definitive Prognose gemacht werden. Je nach Experte und Institut wird aber damit gerechnet, dass der Leitzins bis Ende 2023 die 3 % voraussichtlich nicht überschreiten wird. 


Gegenstrategien

Im langfristigen Vergleich sind Zinsen in der Höhe von 3 % nicht besonders hoch, allerdings kommen wir von einem Zinsniveau nahe null. Zinsen nahe dem Nullpunkt werden wir wohl eine Weile lang nicht mehr sehen, die Zinsen werden die Ergebnisse der Hotels aber deutlich belasten. Wie kann man nun dieser Entwicklung der Kapitalkosten zusätzlich zu explodierenden Energie-, Lebensmittel- und Personalkosten begegnen?

Der größte und wirksamste Hebel liegt eindeutig im Bereich des Umsatzes. Sofern es gelingt, den Umsatz überinflationär zu steigern, werden die Ergebnisse stabil bleiben. Das bedeutet das Ausloten von Preispotenzialen, die Professionalisierung des Vertriebs – online wie offline – und das Optimieren des Reservierungs- und Abrechnungsprozesses, bis hin zu deren Auslagerung.

Der zweitgrößte Hebel liegt im Bereich der Kostenoptimierung. Es zeigt sich in der Praxis, dass viele Abläufe im Detail nicht so rund laufen, wie man glaubt. Oft haben sich Fehler eingeschlichen oder Prozesse haben ein Eigenleben entwickelt.

Prozessmanagement bedeutet, einzelne Vorgänge im Unternehmen, wie beispielsweise das Abarbeiten einer Reservierungsanfrage, das Zubereiten eines Desserts oder das Reinigen eines Zimmers in seine einzelnen Schritte zu zerlegen und Handgriff für Handgriff zu analysieren. Effizienzgewinne müssen gesucht und Prozesse dokumentiert werden. Technischer Fortschritt, Arbeitskräftemangel, Umbauten oder Änderungen im Führungsteam sind gute Gründe, um sich die operativen Vorgänge im Detail anzusehen.

Der größte und wirksamste Hebel liegt eindeutig im Bereich des Umsatzes. Sofern es gelingt, den Umsatz überinflationär zu steigern, werden die Ergebnisse stabil bleiben.

Dr. Gregor Hoch
Hotel Sonnenburg

Bei denjenigen Betrieben, die noch keine solide definierten Prozesse etabliert haben, gibt es in der betrieblichen Realität zwei wesentliche Herangehensweisen. 

Die eine ist darin begründet, dass sich oft bestimmte Abläufe so stark eingebrannt haben, dass die Frage nach einer Verbesserung des Prozesses als Affront gesehen wird. Oft werden auch die vermeintlichen Erwartungen der Gäste vorgeschoben, die man mit einer Änderung im Ablauf nicht konfrontieren könne. Wahr ist vielmehr, dass sich die Gäste über bessere, schlankere Prozesse freuen und diesen deutlich positiver gegenüberstehen, wie am Anfang vermutet wird. 

Die andere Herangehensweise ist darin begründet, dass aufgrund eines Mitarbeiterwechsels Prozesswissen das Haus verlassen hat. Wie genau haben wir immer Inventur gemacht? Wie genau muss ich die Gruppenabrechnung eines Reiseveranstalters machen? Wie genau kompensieren wir Gäste im Fall einer Beschwerde? Das sind Fragen, die sich oft bei Saisoneröffnung stellen, und wenn nicht auf solide Überlegungen und Dokumentationen zurückgegriffen werden kann, entstehen Insellösungen. Jeder Mitarbeiter löst das Problem so wie er oder sie glaubt, die Qualität am Gast wird zur Glückssache und Kosten entwickeln sich unkontrolliert. 


Restrukturierung und Sanierung

Und was, wenn es doch schief geht? Die Firmeninsolvenzen haben sich im ersten Halbjahr 2022 verdoppelt, in Tourismus und Gastronomie haben 266 Unternehmen ein Insolvenzverfahren gestartet. Eine Insolvenz bedeutet keinesfalls das Aus für den Betrieb, sondern läutet lediglich eine Sanierungsphase ein. Deutlich besser hingegen ist es, aktiv zu werden, bevor ein gerichtliches Insolvenzverfahren über einem hereinbricht. So besteht noch die Möglichkeit eines außergerichtlichen Verfahrens. Dieses bringt normalerweise für die Banken deutlich weniger abgeschriebene Forderungen, für den Unternehmer weiterhin die durchgehende Kontrolle über seinen Betrieb, und vor allem Diskretion. Ein außergerichtliches Verfahren findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, sodass man sich um die Reputation keine Sorgen zu machen braucht. In den USA gilt man als krisenuntauglicher Schönwetterkapitän, sofern man nicht mindestens einmal eine Restrukturierung mitgemacht hat.

Aber egal ob Umsatzoptimierung, Prozessoptimierung, Restrukturierung oder Sanierung: es gibt immer einen Weg aus der Krise, sofern man sich rechtzeitig drum kümmert.

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