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"Schick bleibt Schick – aber moderner, stimmiger und noch persönlicher."
Interview

"Schick bleibt Schick – aber moderner, stimmiger und noch persönlicher."

Dr. Alexander Schick übernimmt die traditionsreiche Wiener Hotelgruppe in fünfter Generation – mit großem Respekt vor dem Bestehenden und dem Mut, Neues zu gestalten. Im Interview spricht er über gelebte Werte, moderne Führung, smarte Veränderungen und warum Tradition vor allem eines ist: ein Auftrag für die Zukunft.

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ÖHV: Herr Dr. Schick, Sie übernehmen eine traditionsreiche Hotelgruppe. Was möchten Sie bewahren – und was neu denken?

Dr. Alexander Schick: Wenn man wie ich im Unternehmen aufwächst, entsteht eine tiefe Verbundenheit, die weit über den beruflichen Kontext hinausgeht. Die Häuser, in denen man als Kind gespielt hat, die Menschen, die einen geprägt haben, die Geschichten, die man immer wieder erzählt bekommen hat – all das trägt man ein Leben lang in sich. Daher galt für mich immer der Grundsatz: Tradition bedeutet nicht, die Asche anzubeten, sondern das Feuer am Lodern zu halten. Unsere Häuser haben eine beeindruckende Geschichte und erzählen unzählige Geschichten, die wir künftig noch sichtbarer machen möchten. Unsere Gäste entscheiden sich für uns, weil wir echte, persönliche Gastfreundschaft leben. Dieses Herzstück unserer Marke bleibt unangetastet. Es ist und bleibt unser wichtigster USP.

Neu denken möchte ich überall dort, wo sich die Bedürfnisse unserer Gäste und die technologischen Möglichkeiten verändert haben. Hinter den Kulissen modernisieren wir Prozesse, werden agiler und digitaler, um sowohl unseren Teams als auch unseren Gästen den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen. Nach außen wollen wir unsere Identität zeitgemäß transportieren: mit einer frischen Bildsprache, einer professionellen Präsenz in den sozialen Medien und Geschichten, die zeigen, wofür die Schick Hotels seit Generationen stehen – für Persönlichkeit, Authentizität und echte Wiener Gastlichkeit.

 

ÖHV: Ein Generationenwechsel bringt auch Veränderungen in Führung und Kultur. Wie nehmen Sie Ihre Mitarbeitenden auf diesem Weg mit?

Dr. Alexander Schick: Mir ist wichtig, dass Veränderung nicht verordnet wird, sondern gemeinsam entsteht. Deshalb setze ich auf drei Prinzipien:

Transparenz heißt für mich, offen zu erklären, warum wir etwas verändern, welche Ziele wir verfolgen und was das konkret für den Arbeitsalltag bedeutet. Wir teilen Pläne frühzeitig, sprechen über Hintergründe und nehmen Unsicherheiten ernst.

Einbindung bedeutet, dass wir unsere Mitarbeitenden aktiv beteiligen – in Workshops, Feedbackrunden oder Pilotprojekten. Viele Kolleginnen und Kollegen haben jahrzehntelange Erfahrung. Dieses Wissen ist unverzichtbar, und es fließt direkt in Entscheidungen und neue Prozesse ein.

Verlässlichkeit heißt, Zusagen einzuhalten, klare Entscheidungen zu treffen und diese nachvollziehbar zu begründen. Nur so entsteht Orientierung und Vertrauen in Phasen der Veränderung.

Ebenso wichtig ist mir, dass wir nicht alles neu erfinden müssen. Vieles, was heute gut funktioniert, soll bewusst bewahrt werden. Ein Generationenwechsel heißt nicht, das Alte zu verwerfen, sondern das Bewährte zu stärken und mit Neuem sinnvoll zu verbinden.

Dr. Alexander Schick
Geschäftsführender Gesellschafter
Schick Hotels

Besonders schön, aber auch eine Herausforderung, ist, dass viele Kolleginnen und Kollegen oft bereits seit Jahrzehnten bei uns sind. Sie kennen eine stabile, sehr konstante Unternehmensführung – und jetzt kommt viel Bewegung ins System. Das verdient Respekt und Geduld auf beiden Seiten. Veränderung braucht deshalb Zeit, Dialog und Vertrauen. Unser Ziel ist, zum aktiven Gestalten zu kommen. Die große Erfahrung unserer Mitarbeitenden möchte ich mit einer offenen, modernen Führungskultur verbinden, die Mut macht und Entwicklung ermöglicht. Nur gemeinsam gelingt dieser Schritt in ein neues Kapitel.

 

ÖHV: Wo sehen Sie aktuell die größten Herausforderungen für Hotels in der Hauptstadt?

Dr. Alexander Schick: In Wien spüren wir deutlich steigende Kosten – insbesondere bei Energie, Personal und Lebensmitteln. Trotz moderat wachsender Nächtigungszahlen sind unsere Betriebe im Verhältnis zum Umsatz weniger profitabel als noch 2019. Zugleich werden die Rahmenbedingungen komplexer: mehr administrativer Aufwand und eine in dieser Form wirtschaftlich kaum nachvollziehbare Erhöhung der Ortstaxe, die als prozentualer Aufschlag faktisch wie eine zusätzliche Branchensteuer wirkt und die wirtschaftliche Lage unnötig verschärft. Auch Themen wie die Sonntagsöffnung zu bestimmten Jahreszeiten – etwa jetzt in der Weihnachtszeit – sollten wieder deutlich stärker auf die Agenda rücken.

Im europäischen Vergleich hat Wien außerdem bei den erzielbaren Verkaufsraten noch deutlich Luft nach oben. Genau deshalb wird es immer wichtiger, sich klar zu positionieren und im eigenen Konzept einen echten USP zu schaffen. Das klassische „Standard-4-Stern-Hotel“ wird es künftig schwer haben, weil der notwendige Dienstleistungsgrad kaum mehr durch die erzielbaren Raten abgegolten wird. Nur wer ein klares Profil, eine eigenständige Handschrift und ein differenziertes Angebot hat, wird langfristig erfolgreich sein.

Dr. Alexander Schick
Geschäftsführender Gesellschafter
Schick Hotels

Eine der größten Herausforderungen bleibt zugleich der „War for Talents“. Gute Mitarbeitende zu finden und langfristig zu halten, ist heute schwieriger denn je. Als Branche müssen wir attraktive Arbeitsbedingungen schaffen, Entwicklung ermöglichen und ein Umfeld bieten, in dem Menschen gerne Gastgeber sind.

Und nicht zuletzt braucht Wien Qualität statt Quantität. Wir wollen keine Bettenburgen, die kurzfristig Masse generieren. Wir setzen bewusst auf hochwertige Hotellerie, denn der qualitative Gast trägt langfristig zur Wertschöpfung in der Stadt bei – in Kultur, Gastronomie und Handel.

All diese Themen können wir jedoch nur gemeinsam meistern: Politik, Unternehmerinnen und Unternehmer sowie andere relevante Akteure müssen an einem Strang ziehen. Nur durch Kooperation und ein gemeinsames Verständnis für die Herausforderungen der Branche können wir Wien als hochwertigen Tourismusstandort nachhaltig stärken.

 

ÖHV: Sie haben über nachhaltigen Ressourcenverbrauch in Hotelimmobilien promoviert. Wie fließt dieses Wissen konkret in Ihre Rolle als Geschäftsführer ein?

Dr. Alexander Schick: Mein wissenschaftlicher Hintergrund erlaubt es mir, Entscheidungen langfristig, faktenbasiert und mit einem klaren Verständnis für die wichtigsten Einflussfaktoren zu treffen. In meiner Dissertation habe ich mich intensiv damit beschäftigt, wie Hotels Energie, Wasser und andere Ressourcen nutzen – und welche betrieblichen, baulichen und konzeptionellen Parameter diesen Verbrauch entscheidend prägen. Dieses Wissen hilft mir heute, Nachhaltigkeit nicht abstrakt zu betrachten, sondern konkret im operativen und strategischen Alltag umzusetzen.

Wir arbeiten daher bewusst daran, unser Umweltengagement – etwa durch das Österreichische Umweltzeichen – weiter auszubauen und künftig noch stärker mit klar messbaren Nachhaltigkeitskennzahlen zu hinterlegen. Neue Projekte denken wir grundsätzlich langfristig: Bei potenziellen Neubauten fließen Energieeffizienz, Ressourcenschonung und innovative Technologien von Beginn an in die Planung ein, weil wir genau wissen, wo die größten Hebel liegen und wie wir Ressourcen intelligent steuern können. Auch im sozialen Aspekt denken wir langfristig: Nachhaltigkeit bedeutet für uns nicht nur verantwortungsvollen Ressourceneinsatz, sondern ebenso faire Arbeitsbedingungen, planbare Arbeitszeiten und echte Entwicklungsperspektiven für unsere Teams.

Mein Ziel ist es, dass wir nicht nur weniger verbrauchen, sondern insgesamt klüger wirtschaften – Qualität, Effizienz und ökologische Verantwortung also zu einer ganzheitlichen Strategie verbinden. Denn wir denken in Generationen, nicht in Quartalen. Seit 1888 geht es bei den Schick Hotels darum, Substanz aufzubauen und nicht, kurzfristige Gewinne zu maximieren.

 

ÖHV: Was ist Ihr erstes großes Ziel oder Projekt als Geschäftsführer – woran werden Ihre Gäste und Ihr Team merken: Jetzt beginnt ein neues Kapitel?

Dr. Alexander Schick: Mein erstes großes Ziel ist es, die Gäste- und Teamreise spürbar zu modernisieren – ohne dabei unsere traditionelle DNA zu verändern. Viele Veränderungen passieren bewusst im Detail, denn genau dort entscheidet sich, wie ein Haus wirkt. Ein schönes Beispiel dafür ist ein Gespräch mit einem Stammgast, der mir kürzlich sagte, wie viel angenehmer das Haus heute wirke, weil das Licht am Abend gedimmter ist. Genau solche Themen setzen wir sofort um – kleine Entscheidungen mit großer Wirkung. 

In den vergangenen zwei Jahren war ich in jedem einzelnen Zimmer, um diese Feinheiten zu verstehen. Viele Veränderungen, die unsere Gäste heute wahrnehmen, tragen bereits meine Handschrift.

Dr. Alexander Schick
Geschäftsführender Gesellschafter
Schick Hotels

Eine weitere Realität ist: Wir müssen kontinuierlich in unsere Häuser investieren, um ihre Zukunftsfähigkeit zu sichern. Allein in den vergangenen fünf Jahren haben wir rund acht Millionen Euro in unsere Betriebe gesteckt. Gleichzeitig wissen wir, dass es strukturell noch viel zu tun gibt. Es besteht weiterhin Investitionsbedarf im Bestand – sei es in der technischen Ausstattung, bei der Energieeffizienz oder im Komfort. Ebenso arbeiten wir an einem klaren Design- und Qualitätsstandard über alle Häuser hinweg und schärfen unsere Positionierung, damit noch deutlicher wird, wofür Schick Hotels seit 1888 stehen.

Ein besonderes Projekt ist zudem das Ecklokal am Schwedenplatz, das wir zeitnah zu einer kulinarischen Institution entwickeln möchten. Und sollte sich die richtige Gelegenheit bieten, könnte auch der Kauf eines weiteren Hotels ein Thema werden – aber nur dann, wenn es zu unserer Identität passt und langfristig Sinn ergibt. Wachstum um des Wachstums willen entspricht nicht unserem Selbstverständnis als Familienunternehmen.

Zusammenfassend: Unsere Gäste sollen spüren: Schick bleibt Schick – aber moderner, stimmiger und noch persönlicher. Und unser Team soll merken, dass dieser Wandel neue Chancen schafft, durch bessere Werkzeuge, klare Standards und eine Kultur, die Tradition und Innovation verbindet. Einen einzelnen Moment, an dem die „neue Ära“ beginnt, wird es dabei nicht geben. Vielmehr entsteht sie Schritt für Schritt – in vielen kleinen Entscheidungen, die sich schließlich zu einem neuen Gesamtbild formen.

 

ÖHV: Welche wichtigen Learnings oder Empfehlungen geben Sie anderen Familienunternehmen für eine gelungene Übergabe in der Hotellerie mit?

Dr. Alexander Schick: Aus meiner Sicht beginnt eine gelungene Übergabe lange, bevor sie offiziell stattfindet. Man braucht Zeit, um Vertrauen aufzubauen, Rollen klar zu definieren und einen gemeinsamen Weg zu entwickeln. Kommunikation ist dabei der Schlüssel – früh, offen und ehrlich. Nur wenn alle Beteiligten wissen, welche Verantwortung sie übernehmen und welche sie abgeben, entsteht Sicherheit. Und es braucht dann auch die Konsequenz, sich an diese Rollen zu halten.

Sehr geholfen hat uns, dass wir Herausforderungen früh angesprochen haben und uns nicht gescheut haben, auch externe Begleitung einzubeziehen. Ein neutraler Blick von außen kann Spannungen lösen und Entscheidungen erleichtern.

Dr. Alexander Schick
Geschäftsführender Gesellschafter
Schick Hotels

Ebenso wichtig ist es, Verantwortung Schritt für Schritt zu übergeben. Das ist bei uns innerhalb einer zweijährigen Übergangsphase passiert. Für mich auch eine Erkenntnis als ehemaliger Unternehmensberater: Theorie und Praxis sind zwei unterschiedliche Ebenen, und man wächst langsam, aber dafür nachhaltig in die neue Rolle hinein. Und nur so gelingt es auch, das gesamte Team auf diesem Weg mitzunehmen.

Ein wesentliches Element in unserem eigenen Prozess war die Unterstützung unseres langjährigen General Managers Herrn Buocz, der meinen Vater über 30 Jahre begleitet hat und nun in Pension ist. Durch seine Erfahrung, sein ruhiges Auftreten und seine Loyalität hat er entscheidend dazu beigetragen, dass die Übergabe strukturiert und harmonisch verlaufen ist. Solche Persönlichkeiten sind dahingehend ein richtiges Geschenk für jedes Familienunternehmen. Und an dieser Stelle ist mir auch ein Dank an meinen Vater wichtig: Sein Vertrauen, seine Offenheit und sein Mut, Verantwortung weiterzugeben und zugleich loszulassen, haben diesen Generationenwechsel erst möglich gemacht. Genau solche Haltungen schaffen die Grundlage dafür, dass eine Übergabe nicht nur gelingt, sondern zu einem echten Aufbruch werden kann.

 

Vielen Dank fürs Interview!

 

Über die Schick Hotels:

Die fünf Schick Hotels liegen im Herzen von Wien – darunter das Hotel Stefanie, das älteste Hotel der Stadt. Seit fünf Generationen führt die Familie Schick die Gruppe. Rund 170 Mitarbeiter:innen sorgen für echte Wiener Gastfreundschaft – mit viel Herz, Erfahrung und gelebter Tradition.

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