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Neue Bestimmungen im Berufsausbildungsgesetz

Autor: Dr. Günter Steinlechner, Jurist und Unternehmensberater, Spezialgebiet Arbeitsrecht

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Mit neuen Bestimmungen im Berufsausbildungsgesetz soll die Lehrausbildung attraktiver und moderner gestaltet werden. Die entsprechenden Änderungen, die das Image der Lehre heben und den Abschluss von Lehrverträgen, die auf die persönliche Situation der Lehrlinge Rücksicht nehmen, erleichtern sollen, sind am 21. März 2020 nahezu unbemerkt im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden. Damit gelten sie mangels abweichender Regeln über das Inkrafttreten seit 22. März 2020.

 

Neue Begriffe

Statt der bisher verwendeten Bezeichnung „Lehrlingsentschädigung“ wird die Bezahlung von Lehrlingen künftig „Lehrlingseinkommen“ genannt.

Lehrlinge werden in Zukunft sprachlich übrigens nicht mehr „verwendet“, sondern „beschäftigt“.

 

Überbetriebliche Lehrlingsausbildung

Die überbetriebliche Lehrausbildung ermöglicht Lehrlingen, die nicht auf einer Lehrstelle am Arbeitsmarkt unterkommen, den Beginn einer Lehre bei einem Bildungsinstitut. Diese Bildungsinstitute als Träger der überbetrieblichen Lehrausbildung werden in Zukunft den ausdrücklichen Auftrag erhalten, Lehrlinge auf Lehrplätze in der Wirtschaft zu vermitteln.

 

Reduktion der Ausbildungszeit

Der Lehrberechtigte und der Lehrling können künftig eine Reduktion der täglichen oder wöchentlichen Ausbildungszeit bis auf die Hälfte der gesetzlichen oder kollektivvertraglichen Normalarbeitszeit vereinbaren,

  • wenn gesundheitliche Gründe auf Seiten des Lehrlings vorliegen, die durch eine ärztliche Bescheinigung nachgewiesen sind, oder
  • wenn sich der Lehrling der Betreuung seines Kindes widmet, allerdings nur bis zum 31. Dezember des Jahres, in dem das Kind des Lehrlings in die Schulausbildung eintritt.

Jede Reduktion der täglichen oder wöchentlichen Ausbildungszeit steht unter der Voraussetzung, dass das Ausbildungsziel auch im Rahmen der reduzierten Ausbildungszeit erreicht werden kann.

 

Verlängerung der Dauer der Lehrzeit

Die für den Lehrberuf festgesetzte Dauer der Lehrzeit darf in Zukunft bei allen Lehrverträgen um bis zu zwei Jahre verlängert werden. Wie dies in der Praxis gehandhabt wird, muss derzeit noch offenbleiben.

Um benachteiligte Personen mit persönlichen Vermittlungshindernissen besser in das Berufsleben eingliedern zu können, kann schon jetzt am Beginn oder im Laufe der Lehre im Lehrvertrag eine gegenüber der für den Lehrberuf festgesetzten Lehrzeit längere Lehrzeit vereinbart werden. Die Lehrzeit kann dabei um höchstens ein Jahr, in Ausnahmefällen um bis zu zwei Jahre, verlängert werden, sofern dies zum Erreichen der Lehrabschlussprüfung notwendig ist. In Zukunft darf die auf diese Weise festgelegte zulässige Gesamtdauer der verlängerten Lehrzeit um ein weiteres Jahr verlängert werden.

 

Teilqualifikation

Um benachteiligte Personen mit persönlichen Vermittlungshindernissen besser in das Berufsleben eingliedern zu können, kann schon jetzt in einem Ausbildungsvertrag eine bloße Teilqualifikation festgelegt werden. Dies geschieht, indem Einschränkungen auf bestimmte Teile des Berufsbildes eines Lehrberufes, allenfalls unter Ergänzung von Fertigkeiten und Kenntnissen aus Berufsbildern weiterer Lehrberufe, vereinbart werden.

 

Die Dauer einer solchen Teilqualifikation soll in Zukunft maximal vier Jahre statt bisher maximal drei Jahre betragen.

 

Lehrabschlussprüfung in einem anderen Bundesland

Lehrlinge können in Zukunft Anträge auf Zulassung zur Lehrabschlussprüfung auch bei der Lehrlingsstelle der Wirtschaftskammer eines anderen Bundeslandes stellen, wenn im Bundesland, in dem sie ausgebildet werden, die Ablegung der Lehrabschlussprüfung nicht möglich ist, weil keine entsprechende Bildungsmaßnahme für den betreffenden Lehrberuf existiert und keine entsprechenden Prüfungskommissionen eingerichtet sind.

 

Reduktion der verpflichtenden Lehrzeitanrechnung bei Schulabschlüssen mit verwandten Lehrberufen

Der Lehrberechtigte und der Lehrling können in Zukunft vereinbaren, dass der Ersatz von Lehrzeiten, der aus Schulabschlüssen resultiert, die mit dem Lehrberuf verwandt sind, um bis zu einem Jahr reduziert wird. Ziel dieser Maßnahme ist, dass die Erreichung des Ausbildungszieles leichter erreicht werden soll.

Eine solche Vereinbarung wird allerdings nur dann möglich sein, wenn der Landes-Berufsausbildungsbeirat nach entsprechender Information durch die Lehrlingsstelle eine Stellungnahme dazu abgegeben hat. Dies muss binnen zwei Wochen erfolgen.

Regelungen zur Lehrzeitenanrechnung, die weiterhin gelten, können Sie in den ÖHV-Rechtsinformationen nachlesen. Allerdings soll im Sinne einer größeren Flexibilität die Möglichkeit bestehen, die Lehrzeit durch Vereinbarung zu verlängern, damit der Lehrling, der vielleicht gewisse fachliche bzw. persönliche Defizite aufweist, leichter die Lehrabschlussprüfung erfolgreich absolvieren kann.

Regelmäßige Evaluierung der Lehrberufe

Das Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort wird in Zukunft alle fünf Jahre die Lehrberufe und deren Ausbildungsinhalte überprüfen und weiterentwickeln. Damit soll ein zeitgemäßer Inhalt der Berufsbilder gewährleistet werden.

 

27. April 2020

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Mag. Maria Wottawa

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