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„Weniger Vorschriften, mehr Vertrauen“
Interview

„Weniger Vorschriften, mehr Vertrauen“

Staatssekretär Sepp Schellhorn über seinen Einstieg in die neue Funktion, konkrete Entlastungen für Betriebe und warum Bürokratieabbau kein Sprint ist – sondern ein Langstreckenlauf mit klarer Richtung.

Lesezeit: 

ÖHV: Herr Staatssekretär, Sie sind nun einige Monate im Amt. Wie fällt Ihre erste Zwischenbilanz aus – was lief gut, wo hakt’s noch?

Staatssekretär Sepp Schellhorn: Der Start war fordernd – neue Strukturen, neue Verwaltung, angespannte Budgets. Aber: Wir haben aufgebaut, zugehört und vorbereitet. Jetzt steht bald das erste Maßnahmenpaket. 

Entbürokratisierung ist kein Sprint, sondern ein Marathon. Was wir heute vorbereiten, trägt morgen Früchte. Wichtig ist: weniger Hürden, mehr Freiheit. Wir sind auf Kurs.

 

ÖHV: Welche politischen Schwerpunkte haben Sie sich für Ihre erste Amtszeit gesetzt – und woran sollen Sie am Ende gemessen werden?

StS Schellhorn: Mein Ziel ist klar: spürbare Entlastung – schnell, pragmatisch, Schritt für Schritt. 

  • Kurzfristig: weniger Meldepflichten, mehr Praxisnähe, schnelle Entlastung. 
  • Mittelfristig: Regeln vereinfachen, Zuständigkeiten klären, Reformprozesse beschleunigen. 
  • Langfristig: klare Strukturen, digitale Abläufe, effiziente Verwaltung – sprich: eine echte Strukturreform. 

Am Ende soll gelten: Einfacher ist einfach besser.

 

ÖHV: Die Branche ist sich einig: Österreich ist zu bürokratisch – besonders für KMU. Wo sehen Sie den größten Handlungsbedarf und wie wollen Sie konkret für Entlastung sorgen?

StS Schellhorn: Viele Regeln stammen aus einer anderen Zeit. Wir bringen sie ins Heute – verständlich, digital, praxistauglich. 

Weniger Vorschriften, mehr Vertrauen – das ist die Richtung. Das heißt unter anderem: Melde- und Betriebspflichten reduzieren oder Bagatellgrenzen und Schwellenwerte angehen. 

Digitalisierung ist hierbei der Schlüssel: Daten einmal erfassen, mehrfach nutzen. Die Verwaltung soll den Betrieben dienen, nicht umgekehrt.

 

ÖHV: Wenn Sie morgen eine Regel streichen könnten – welche bürokratische Hürde würden Sie als Erstes abschaffen?

StS Schellhorn: Das wüsst’ ich sofort! Kurzfristig würde ich die sogenannte „Grace Period“ verlängern – also jene Regelung, die Betriebsübergaben unbürokratisch und rechtssicher macht. Das verschafft zum Beispiel Familienbetrieben die notwendige Umstellungszeit und Verschnaufpause, um den Generationswechsel gut zu schaffen. Langfristig brauchen wir eine gemeinsame digitale Plattform, auf der Verwaltung und Betriebe möglichst direkt und unbürokratisch kommunizieren. Einmal erfassen, mehrfach nutzen – das wäre ein Schritt, der einen echten Unterschied macht.

 

ÖHV: Unternehmer:innen klagen über eine immer dichter werdende Regulierung auf allen Ebenen – von der Gemeinde bis zur EU. Wie lässt sich dieser Wildwuchs eindämmen und sicherstellen, dass Dinge nicht zwei- oder dreifach reguliert werden?

StS Schellhorn: Ja, die Bürokratie wuchert auf allen Ebenen. Darum: Jede Ebene muss bei sich anfangen – EU, Bund, Länder, Gemeinden. Und der Startschuss ist uns hierbei bereits geglückt. 

Aber unser Anspruch bleibt, noch vertiefter zusammenarbeiten zu wollen. Wo Verfahren klemmen, braucht es gemeinsame Lösungen – etwa bei Amtssachverständigen oder Doppelprüfungen. 

Künftig will ich, dass jede neue Regel einen Bürokratie-Check besteht und ihre Alltagstauglichkeit auf Herz und Nieren geprüft wird.

 

ÖHV: Förderungen gibt es viele – aber oft schwer durchschaubar. Was muss passieren, damit Förderwege einfacher, schneller und treffsicherer werden – speziell für KMU?

StS Schellhorn: Kein Betrieb soll sich durch Aktenberge kämpfen müssen – Anträge müssen kurz, klar und online möglich sein. Wir wollen Doppelförderungen abstellen, die Transparenzdatenbank endlich voll nutzen und jede Förderung an ihrem Ergebnis messen. Was wirkt, bleibt. Was nichts bringt, wird gestrichen. 

Gerade im Tourismus setzen wir gezielt an:

Ab 2025 gibt’s eine steuerfreie Mitarbeiter:innen-Prämie bis 1.000 Euro, ab 2027 steuerbegünstigte Überstunden. Und bei Betriebsübergaben erleichtern wir den Generationenwechsel deutlich.

ÖHV: Im internationalen Standortvergleich liegt Österreich bei Steuern, Abgaben und Lohnnebenkosten ganz weit oben. Wie lässt sich unser Wirtschaftsstandort wieder attraktiver machen?

StS Schellhorn: Wir müssen im System sparen, nicht bei den Menschen – das ist möglich, das muss möglich sein, das werden wir schaffen. Digitalisierung und schlankere Strukturen senken langfristig Kosten – das schafft Luft, um Arbeit und Standort zu entlasten.

 

ÖHV: Eine deutliche Senkung der Steuer- und Abgabenquote – realistische Option oder Wunschtraum?

StS Schellhorn: Es ist kein Wunschtraum, sondern ein gesamtstaatlicher Kraftakt, den wir nur zusammen schaffen. Bund, Länder und Gemeinden müssen an einem Strang ziehen – das ist das Entscheidende. Wir sitzen alle im selben Boot. Wer das noch immer nicht erkannt hat, sollte einen gesellschaftlichen Sehtest machen lassen. 

Ich bin überzeugt: Wenn wir Strukturen vereinfachen, Doppelgleisigkeiten abbauen und Digitalisierung endlich konsequent umsetzen, dann schaffen wir Freiräume – auch finanziell. Als karenzierter Unternehmer fühle ich den Schmerz und weiß auch, wie sehr jeder einzelne noch so kleine Prozentpunkt zählt. Wir müssen im System sparen, nicht bei den Menschen. Nur so bleibt Österreich wettbewerbsfähig.

 

ÖHV: Wenn nach einem Jahr die ersten Zwischenbilanzen zu Ihrer Arbeit geschrieben werden: Was würden Sie selbst gerne über sich lesen?

StS Schellhorn: Dass ich fürs Land hackle. Dass Betriebe wieder mehr Luft zum Atmen haben. Und dass wir begonnen haben, klüger zu regulieren statt einfach immer nur mehr.

 

ÖHV: Und umgekehrt: Was erwarten Sie sich jetzt von den Unternehmer:innen in der Branche – gerade in wirtschaftlich fordernden Zeiten?

StS Schellhorn: Mut, Zuversicht, Vertrauen. Wir ziehen an einem Strang. Ich wünsche mir ehrliches Feedback und Zusammenarbeit – weil alle vor denselben Herausforderungen stehen. Gemeinsam schaffen wir’s einfacher.

 

Vielen Dank für das Gespräch!

Ihr Ansprechpartner

Oliver Schenk MA

Oliver Schenk MA

Public Affairs E-Mail senden +43 1 5330952-24
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