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Alles Wichtige zur Dienstreise

Alles Wichtige zur Dienstreise

Wann liegt eine Dienstreise vor? Was gilt es zu beachten?
Was soll mit den Arbeitnehmern vereinbart werden?

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Dr. Guenter Steinlechner
Artikel von Dr. Guenter Steinlechner

Jurist und Unternehmensberater, Spezialgebiet Arbeitsrecht

Ein Hotelmitarbeiter besucht einen Kongress oder eine Messe, er nimmt Termine bei Großkunden oder Lieferanten wahr oder wird als Aushilfe an einzelnen Tagen in einem anderen Hotel desselben Arbeitgebers beschäftigt. 
In allen diesen Fällen arbeitet er nicht am ursprünglich vereinbarten, sondern an einem andere Arbeitsort. 

Damit erwirbt er einen Anspruch auf Abgeltung seiner Reisezeit zu diesem anderen Arbeitsort, aber auch einen Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen, die ihm anlässlich dieser Reise entstehen. Da die Kollektivverträge für Arbeiter und Angestellte im Hotel- und Gastgewerbe keinerlei Regelungen für Dienstreisen vorsehen, gelten die Regeln des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB).   

Begriff der Dienstreise

Eine Dienstreise liegt vor, wenn der Mitarbeiter den mit ihm vereinbarten Arbeitsort verlässt, um an einem anderen Ort seine Arbeitsleistungen zu erbringen.

Beispiel: Ein Mitarbeiter arbeitet im Hotel „Goldener Adler“ in Innsbruck als Sales-Manager. Er fährt nach dem Mittagessen im Hotel mit der Bahn oder mit dem Auto zu einer Tourismusmesse in München. Es liegt eine Dienstreise vor, die am Arbeitsort beginnt.


Eine Dienstreise liegt auch vor, wenn der Mitarbeiter direkt von zu Hause zum Zielort der Dienstreise anreist.

Beispiel: Ein Mitarbeiter arbeitet im Hotel „Goldener Adler“ in Innsbruck als Sales-Manager. Er fährt gleich nach dem Frühstück mit dem Auto von seinem Wohnort Schwaz zu einer Tourismusmesse in München. Es liegt eine Dienstreise vor, die am Wohnort beginnt.


Eine Dienstreise liegt nicht vor, wenn der Mitarbeiter von zu Hause zum Arbeitsort anreist.

Beispiel: Ein Mitarbeiter arbeitet im Hotel „Goldener Adler“ in Innsbruck als Kellner. Er fährt täglich mit dem Auto von seinem Wohnort Schwaz nach Innsbruck zu seinem Arbeitsort. Es liegen keine Dienstreisen, sondern Privatfahrten vor. 


Eine Dienstreise liegt ebenfalls nicht vor, wenn mit dem Mitarbeiter im Arbeitsvertrag vereinbart ist, dass er regelmäßig nicht nur an einem, sondern an zwei Arbeitsorten tätig wird.

Beispiel: Mit einem Mitarbeiter wird vereinbart, dass er nicht nur im Hotel „Goldener Adler“ in Innsbruck, sondern auch im Hotel „Goldene Gans“ in Kufstein als Kellner arbeitet. Er fährt täglich mit dem Auto von seinem Wohnort Schwaz nach Innsbruck oder Kufstein zu seinem jeweiligen Arbeitsort. Bei Bedarf fährt er auch von seinem Arbeitsort in Innsbruck zu seinem Arbeitsort in Kufstein weiter. Es liegen keine Dienstreisen, sondern Privatfahrten vor. 

Abgeltung der Reisezeit

Bei einer Dienstreise ist zwischen passiver Reisezeit, aktiver Reisezeit, Arbeitszeit und Privatzeit zu unterscheiden.

  1. Passive Reisezeit liegt vor, wenn der Mitarbeiter während der Reisebewegung privaten Interessen nachgehen kann. Passive Reisezeit kann nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes mit einem geringeren als dem kollektivvertraglich festgelegten bzw. vereinbarten überkollektivvertraglichen Bezug abgegolten werden. Dies ist entsprechend im Arbeitsvertrag zu vereinbaren.

    Beispiel: Ein Mitarbeiter arbeitet im Hotel „Goldener Adler“ in Innsbruck als Sales-Manager. Er fährt am Nachmittag vom Hotel mit dem Taxi zum Bahnhof und von dort mit der Bahn zu einer Tourismusmesse in München. Der Arbeitgeber vereinbart mit ihm, dass er keine beruflichen Arbeiten im Zug verrichten muss. In diesem Zusammenhang  vereinbart er mit ihm, dass er zwar diejenige Zeit der Reisebewegung, die in die übliche Normalarbeitszeit des betreffenden Tages fällt, als Normalstunden gutgeschrieben erhält, darüber hinaus aber keine Überstunden abgegolten bekommt.

  2. Aktive Reisezeit liegt vor, wenn der Mitarbeiter während der Reisebewegung Arbeitsleistungen für den Arbeitgeber verrichtet. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn der Mitarbeiter einen Pkw lenkt. Aktive Reisezeit muss nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes wie Arbeitszeit abgegolten werden.
     

    Beispiel 1: Ein Mitarbeiter arbeitet im Hotel „Goldener Adler“ in Innsbruck als Sales-Manager. Er fährt nach dem Mittagessen im Hotel mit dem Firmenwagen zu einer Tourismusmesse in München. Er erhält die Zeit der Autofahrt als Normalstunden bzw. auch als Überstunden abgegolten.

    Beispiel 2: Ein Mitarbeiter arbeitet im Hotel „Goldener Adler“ in Innsbruck als Sales-Manager. Er fährt am Nachmittag vom Hotel mit dem Taxi zum Bahnhof und von dort mit der Bahn zu einer Tourismusmesse in München. Während der Taxi- und der Zugfahrt soll er am Tablet eine Präsentation für die Tourismusmesse vorbereiten. Er erhält die Zeit der Zugfahrt als Normalstunden bzw. auch als Überstunden abgegolten.
     

  3. Arbeitszeit liegt vor, wenn der Mitarbeiter, am Zielort der Dienstreise angelangt, seine Arbeitsleistungen für den Arbeitgeber verrichtet. Sie ist nach allen Regeln über Normalstunden und Überstunden abzugelten.

    Beispiel: Ein Mitarbeiter arbeitet im Hotel „Goldener Adler“ in Innsbruck als Sales-Manager. Er fährt nach dem Mittagessen im Hotel mit dem Firmenwagen zu einer Tourismusmesse in München. Am Abend um 18:00 Uhr präsentiert er bei der Tourismusmesse vor zahlreichen Interessenten sein Hotel. Die Zeit der Anwesenheit auf der Tourismusmesse zum Zweck der Präsentation zählt als  Arbeitszeit und ist dementsprechend als Normalstunden oder (da ja bereits die Autofahrt als Arbeitszeit zählt) als Überstunden abzugelten.
     

  4. Privatzeit liegt vor, wenn der Mitarbeiter, am Zielort der Dienstreise angelangt, seinen privaten Interessen nachgeht. Sie ist nicht abzugelten.

    Beispiel: Der Mitarbeiter, der sein Hotel „Goldener Adler“ auf der Tourismusmesse in München präsentiert hat, übernachtet dort in einem Hotel und gönnt sich in der Bar ein Bier. Hierbei handelt es sich um seine Privatzeit, die nicht abzugelten ist.

Anspruch auf Ersatz der Reiseaufwendungen

Der Gesetzgeber geht davon aus, dass ein Mitarbeiter, der eine Dienstreise unternimmt, für seine Verpflegung und eine etwaige Nächtigung Kosten hat, die ihm der Arbeitgeber ersetzen muss. Um dem Mitarbeiter diese Kosten zu ersetzen, hat der Arbeitgeber 2 Möglichkeiten:

  1. Das Einkommensteuergesetz ermöglicht dem Arbeitgeber, dem Mitarbeiter pauschalierte Tagesdiäten und Nächtigungsgelder für Verpflegung und Übernachtung zu bezahlen, die als Aufwandersatz steuerfrei und auch in der Sozialversicherung beitragsfrei sind. Der Arbeitgeber hat daher die Möglichkeit, mit dem Mitarbeiter zu vereinbaren, dass diese pauschalierten Tagesdiäten und Nächtigungsgelder bei Dienstreisen zur Anwendung gelangen. Damit kann er die Aufwendungen des Mitarbeiters auf der Dienstreise abdecken, ohne Nachforderungen befürchten zu müssen – und zwar unabhängig davon, wie hoch die Aufwendungen des Mitarbeiters tatsächlich sind.

    Beachten Sie: Bei den Tagesdiäten und Nächtigungsgeldern kann der Arbeitgeber eine kostenlose Verpflegung des Mitarbeiters oder eine kostenlose Nächtigungsmöglichkeit, die dem Mitarbeiter zur Verfügung gestellt worden ist, durch deren Reduktion bzw. vollständige Streichung entsprechend berücksichtigen.
     

  2. Der Arbeitgeber hat die Möglichkeit, mit dem Mitarbeiter zu vereinbaren, dass er ihm die Kosten, die ihm anlässlich der Dienstreise tatsächlich erwachsen sind, gegen Rechnungslegung ersetzt. Zu diesem Zweck wird es sinnvoll sein, wenn der Arbeitgeber mit dem Mitarbeiter vereinbart, in welchem Rahmen er ihm die Kosten ersetzt. Dabei besteht weitgehende Vereinbarungsfreiheit.

    Beispiel 1: Ein Mitarbeiter arbeitet im Hotel „Goldener Adler“ in Innsbruck als Sales-Manager und soll auf einer Tourismusmesse in München vor zahlreichen Interessenten sein Hotel präsentieren. Der Arbeitgeber vereinbart mit ihm, dass er auf der Dienstreise nach München die Mahlzeiten des Mitarbeiters und im Falle einer Übernachtung seine Hotelrechnung bis zu einem bestimmten Rechnungsbetrag oder in einem Hotel bis zu einer bestimmten Sterne-Kategorie übernimmt.

    Beispiel 2: Ein Mitarbeiter arbeitet im Hotel „Goldene Gans“ in Kufstein als Sales-Manager und soll auf einer Tourismusmesse in Wien vor zahlreichen Interessenten sein Hotel präsentieren. Der Arbeitgeber vereinbart mit ihm, dass er auf der Dienstreise nach Wien die Mahlzeiten des Mitarbeiters in einem bestimmten Gastronomiebetrieb und seine Übernachtung in einem bestimmten Hotel zur Gänze übernimmt.

    Beispiel 3: Ein Mitarbeiter arbeitet im Hotel „Grauer Bär“ in Landeck als Sales-Manager und soll auf einer Tourismusmesse in Zürich vor zahlreichen Interessenten sein Hotel präsentieren. Der Arbeitgeber vereinbart mit ihm, dass er auf der Dienstreise nach Zürich im Speisewagen im Zug eine Mahlzeit zu sich nehmen und im Schwesterhotel in Zürich gratis übernachten kann.

 

Zusätzlich hat der Arbeitgeber dem Mitarbeiter die Kosten für das anlässlich der Dienstreise gewählte Fortbewegungsmittel zu ersetzen.
Welches Fortbewegungsmittel in welcher Qualität der Mitarbeiter nutzen darf, ist dabei zu vereinbaren: Taxi, Bus, Bahnfahrt 1. oder 2. Klasse, Flug Business oder Economy, etc.

Darf der Mitarbeiter seinen eigenen PKW für eine Dienstreise benutzen, hat er Anspruch auf Kilometergeld für jeden dienstlich gefahrenen Kilometer in der Höhe, wie sie das Einkommensteuergesetz vorsieht.

Beachten Sie: Der Arbeitgeber haftet weitgehend für Schäden, die der Mitarbeiter auf einer Dienstreise an seinem eigenen PKW erleidet.
Es ist daher dringend ratsam, mit dem Mitarbeiter eine entsprechend umfassende Vereinbarung über die Nutzung seines privaten PKWs zu treffen, in der beispielsweise die Beschreibung des benutzten PKWs, aber auch die Verpflichtung des Mitarbeiters zum Abschluss einer Vollkaskoversicherung enthalten sein sollten.

Stand: November 2021

Ihre Ansprechpartnerin:

Mag. Maria Wottawa

Mag. Maria Wottawa

Rechtsservice E-Mail senden +43 1 5330952-14
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