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Hotel-Finanzierung in volatilen Zeiten
Finanzen

Hotel-Finanzierung in volatilen Zeiten

Die Kosten für Finanzierungen ist die RELATIV am stärksten gestiegene Kostenposition seit 2022. Damit es nicht richtig teuer wird, ist das proaktive Managen der Betriebs-Finanzierung wichtiger denn je – so die Finanzierungs-Experten Mag. (FH) Manuela Wiesinger und Dr. Martin Schumacher.

29. Februar 2024

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Vorneweg: die Finanzierungslandschaft ist nicht mehr die, die sie lange Jahre war: wir leben in Zeiten maximaler Unsicherheit, maximaler Volatilität, maximaler Unberechenbarkeit und maximalen Misstrauens: alles wird im „jetzt und heute“ entschieden, Planbarkeit ist ein Fremdwort .

Fremdkapital-Zinsen auf Langzeit-Hoch; GOPs unter enormem Druck

  • Von Seiten EZB sieht es so aus, als würde es zu keiner signifikanten Leitzins-Senkung im laufenden Jahr 2024 kommen – wenn überhaupt maximal  0,5 % beginnend mit dem zweiten Quartal – aber auch nur vielleicht und in zwei Schritten. Genauso wahrscheinlich ist freilich, dass das gesamte Jahr auf dem derzeitigen Niveau verharrt aus Angst, die Inflation durch frühzeitige Zinssenkungen erneut anzufachen. Die Wahlen in den USA tun ihr übriges, um die Finanzmärkte turbulent zu halten: mehr und mehr Anleger:innen spekulieren auf die Wiederwahl Trumps und damit auf fallende Zinsen und steigende Aktienmärkte. Es gibt also Argumente in beide Richtungen – und beide sind gleich plausibel...

    Fazit: von größeren Zinssenkungen ist 2024 nicht auszugehen, wenn, so passiert dies frühestens mit Nachzieheffekten der EZB nach einem Wahlsieg Trumps – also wohl eher 2025.
  • Was gerade in solchen Zeiten aber richtig bleibt: Cash = King; Liquidität sichert „Aktions-Fähigkeit“ und Unabhängigkeit. Angesichts stetig steigender Kosten (Mitarbeiter:innen, Ware), die durch nur langsam sich wieder normalisierende Ausgaben (Strom, Gas) nicht kompensiert werden, kann das nur heißen: Preis-Durchsetzung beim Gast ist das Entscheidende. Nur wer hohe und höchste Preise durchsetzt (aus Standortgunst oder dank Top-Qualität und hoher Alleinstellung) ist und bleibt in dieser Phase „oben“ – für alle anderen ist 2024 eine Achterbahnfahrt nach unten.

Was heißt das alles für die operative Hotelfinanzierung?

  1. Die Risikoaufschläge bei Kreditzinsen steigen zusätzlich zum bereits hohen Euribor; eine Effektiv-Verzinsung von 6 % und mehr ist für viele Hoteliers aktuell Realität.
  2. Erstmals überhaupt sehen wir Fixzinskonditionen UNTER dem variablen Zinssatz: für 4,5 % lässt sich aktuell auf 5 Jahre fix finanzieren: grundsätzlich sind derartige inverse Zinskurven ein Zeichen einer (nahenden) Rezession; auch Zins-Swaps kommen wieder in Mode und werden vermehrt von Banken angeboten. Fazit: glücklich all jene, die bis 2022 noch Kredite zu (alten) Konditionen abschließen konnten und die aktuelle Entwicklung gut aussitzen; für alle neuen Kredite seit 2023 ist es mittlerweile sinnvoll, zumindest Tranchen durch z.B. 3- jährige Fixzins-Vereinbarungen zu stabilisieren.
  3. Der Besicherungsbedarf steigt massiv – auch weil in vielen Betrieben die operativen Cash-Flows und GOPs sinken und Banken den „Druck“ quasi am Girokonto beobachten können. Dies reduziert das Vertrauen in die betriebliche Leistungsfähigkeit und damit den Bedarf nach einer Erhöhung der Sicherheiten.
  4. Nicht nur deshalb gewinnen Alternativ-Finanzierungen zum Bankkredit an Bedeutung (externe Investoren, Crowd Financing, ...). Damit steigt zwar automatisch auch die Verzinsungsnotwendigkeit, da es sich dabei um unbesichertes Risiko-Kapital handelt  (aktuell ab 7 % bis 8 % p.a.), ABER die oftmals hier mögliche mehr- und langjährige Tilgungsfreiheit verschafft dennoch liquiden Spielraum und reduziert die Bankenabhängigkeit.

Generell ist festzuhalten:

Geld hat – nach mehr als 20 Jahren – wieder einen „Preis“, oder: die Verzinsungsnotwendigkeit (Bank plus Darlehen plus Investoren) wird sich jedenfalls 2024–2026 wieder auf dem Niveau der historischen Langfristverzinsung von 6 % bis 7 % einpendeln; so gesehen eigentlich im Dekaden-Vergleich durchaus nicht ungewöhnlich, nur die Wirtschaft hat das über die letzten Jahre praktisch „vergessen“.

In einer vereinfachten Annuitäten-Rechnung für einen Kredit von 10 Mio. Euro bei 20 Jahren Laufzeit verteuert sich die Annuität gegenüber bisher 2 % Zinsen von 610.000 Euro p.a. mit 6 % durchschnittlichem Zinsaufwand auf 870.000 Euro. Die Differenz daraus (260.000 Euro) entspricht bei 2 % Zinsen einem Barwert von 4,3 Mio. Euro!!

 

Förderung als „Tropfen auf dem heißen Stein“:

Die Bedeutung von Förder-Finanzierungen bleibt zwar hoch, verliert aber trotzdem aufgrund „relativ“ erhöhter Zinssätze (erhöhte Euribor Basis) UND starrer Kredit-Obergrenzen in Relation zu massiv gesteigerten Projektkosten (vgl. Grenze bei ÖHT Krediten bei 5 Mio. Euro) an Bedeutung; bei „größeren“ Projekten mit Bausummen in zweistelliger Millionenhöhe kann durch Förderkredite oftmals nur noch die Hälfte oder weniger der Projektkosten vom Förderkredit umfasst werden.

Sustainability ist „alles“:

ESG ist die neue „Zauberformel“ und Basis für praktisch jede Finanzierung und alle Formen von Förderungen; die dabei angewendeten Kriterien sind „work in progress“ und im Rückblick oftmals kaum messbar bzw. beibringbar bzw. nur unter hohem Erhebungs- und bürokratischem Aufwand; darüber hinaus ist die tatsächlich erreichbare Förderquote vielfach im Vorfeld unklar und gleicht einer „black box“.

 

Herausfordernde Zeiten – keine Frage:  

Die Finanzierungskosten sind die RELATIV am stärksten gestiegene Kostenposition seit 2022 (plus 150 % bis plus 300 % je nach Finanzierungsform); „relativ“ ist das ein Mehrfaches der stets thematisierten Kosten für Strom und Gas.  

Daher: es ist 2024 mehr denn je und nach über 15 Jahren niedriger Finanzierungskosten und „geschenkten Geldes“ an der Zeit, die Unternehmens-Finanzierung wieder proaktiv zu managen – sonst wird es „richtig“ teuer!
 


 

Dr. Martin Schumacher, renommierter Experte in Tourismusberatung, führt die conos tourismus.consulting gmbh. Er und sein Team beraten Unternehmen im Alpenraum zu Finanzierung und Nachfolge, vereinen Fachwissen und langjährige Erfahrung für exzellente Beratungsleistungen.

Mag. (FH) Manuela Wiesinger ist Beraterin der conos gmbh mit den Schwerpunkten betriebswirtschaftliche Finanzanalyse und -planung (Machbarkeitsprüfungen, Budgetierung) sowie Entwicklung von Organisations- und Betreibermodellen. An der Fachhochschule MCI Tourismus in Innsbruck ist sie als Lektorin für Unternehmensplanung tätig.

IHR ANSPRECHPARTNER:

Christoph Taussig

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