Die aktuelle WIFO-Konjunkturprognose bestätigt: Das Tal, in das die Corona-Krise den Tourismus gestürzt hat, ist wirklich tief: „Es dauert Jahre, bis die Branche da wieder herauskommt. Sie wird noch länger Hilfe brauchen, und zwar mit einem maßgeschneiderten Tourismuspaket.“, skizziert ÖHV-Generalsekretär Dr. Markus Gratzer die Lage der Branche. War schon der Einbruch im Vorjahr beispiellos, sollen Reiseverkehrsexporte und Wertschöpfung heuer noch stärker fallen. Die Gesamtwirtschaft erhole sich allmählich, der Tourismus komme durch die nur schrittweise Aufhebung von Beschränkungen nur langsam in Schwung, erklärt das WIFO.
Liquiditätsspritzen nicht erst konzipieren, „wenn der Hut brennt“
Als Sorgenkind heben die Wirtschaftsforscher Geschäftsreisen und Städtetourismus hervor, wo sich die Erholung stark verzögert. Dabei, so Gratzer, dürfe nicht vergessen werden, dass auch die Winter-, Ferien- und Thermenhotels den monatelagen Komplettausfall noch lange nicht verkraften können: „Die Entschädigung reicht oft gerade, um die größten Löcher für den Moment zu stopfen. Aber viele Kosten laufen weiter, neue kommen dazu“, verweist Gratzer auf das Urlaubsgeld und die Kosten für das ReOpening: „Kocht ein Bäcker seit Monaten auf Sparflamme, kann er die Kosten fürs Frühstückssemmerl nicht vorstrecken, und auch der Fleischhacker, der Käselieferant, der Gemüsehändler und die Wäscherei nicht. Es braucht weiterhin dringend Liquidität. Das wissen alle Beteiligten, also handeln wir jetzt und nicht erst 5 vor 12“, pocht Gratzer auf die sofortige Entwicklung dringend nötiger Liquiditätsspritzen gemeinsam mit Branchenexperten: „Und nicht erst, wenn der Hut brennt!“. Weiterhin große Verzögerungen gibt es bei der Auszahlung von Hilfsgeldern. Bei den Ansprüchen aus dem Epidemiegesetz sind nach 12 Monaten noch immer so gut wie keine Zahlungen erfolgt.
Gratzer: Unüberlegte Kurzschlussreaktionen können ganze Betriebe lahmlegen
Der Branche muss jetzt eine klare Perspektive für den Restart gegeben werde. Dies sei umso wichtiger, als sich die Reisetätigkeit laut WIFO bis 2022 nicht ganz erholt und sich das auch in einer hohen Arbeitslosigkeit niederschlägt, warnt Gratzer vor Maßnahmen, die die Erholung gefährden: „Hotels berichten immer öfter von Versuchen des AMS, ihre Mitarbeiter in andere Branchen zu vermitteln. Das sind unüberlegte Kurzschlussreaktionen: Der Bund erspart sich das Arbeitslosen- oder Kurzarbeitsgeld für ein paar Wochen, im Tourismus fehlen dringend benötigte Mitarbeiter für Monate und Jahre“, so der Branchensprecher. Das lege ganze Betriebe lahm: „Und ob das Fach- oder Hilfskräfte sind, ist unerheblich: Hotels brauchen ihre Köche und Reinigungspersonal so wie ein Orchester Streicher und Bläser benötigt.“ Gratzer appelliert an Arbeitsminister Kocher hier rasch eine klare Vorgabe an das AMS zu geben und Wiedereinstellungszusagen unbürokratisch weiter für die Zeit des Lockdowns zu verlängern.