„Wir begrüßen jede Entlastung für Arbeitgeber:innen. Die Frage ist, inwieweit eine Senkung der Lohnnebenkosten um 0,1 Prozentpunkte eine Entlastung darstellt“, fasst ÖHV-Präsidentin Michaela Reitterer zusammen, wie die Hotellerie die angekündigte Halbierung des Insolvenzentgeltfonds-Beitrags einschätzt. „Das verpufft in der Sekunde und reiht sich damit in eine ganze Reihe von ‚Tropfen auf den heißen Stein‘.“ 35.000 Euro Jahresbrutto sind 25.000 Euro netto und kosten die Arbeitgeber:innen 45.000 Euro: „Von den 20.000 Euro Lohnnebenkosten in dem Beispiel erspart man sich nach dem Plan der Regierung 20 Euro und zahlt nach der nächsten Lohnrunde 1.000 Euro mehr“, veranschaulicht sie.
Reform an Haupt und Gliedern: Abgabensystem ganz neu denken
Dass diese unmerkliche Entlastung für Unternehmen die Mittel für die Insolvenzabsicherung halbiert, verdeutlicht die Schieflage im Steuer- und Abgabensystem: „Alles hängt an der Arbeit. Weil wir seit Jahrzehnten kleinweise an einem veralteten Konzept herumdoktern. Aber aus einer Kutsche wird kein Hybrid-Auto.“ Sie sieht in der „ökosozialen Steuerreform“ die größte vergebene Chance der vergangenen Jahre: „Vieles wurde richtig gemacht, die großen Baustellen aber wieder nicht angegangen“, hält sie einen neuen Anlauf für unumgänglich: „Die beschlossene Steuerreform rasch abwickeln, sich dann gleich hinsetzen und vom weißen Blatt Papier weg neu starten.“ So wie bei der Pandemiebekämpfung solle Experten rechtzeitig Gehör geschenkt werden, statt erst nach Sozialplänen zu rufen, wenn es zu spät ist. Wer den Wegfall von Mitteln für den Insolvenzentgelt-Fonds kritisiert, zäume das Pferd von hinten auf: „Unser aller Ziel sollte sein, dass wir weniger Geld für Insolvenzen brauchen. Der Weg dorthin kann nur über die nachhaltige Entlastung der Arbeitgeber führen“, fordert sie eine echte Reform des Abgaben- und Sozialsystems.
Reitterer: „Mit klein-klein kommen wir nicht weiter, 5 % USt beibehalten.“
Für eine spürbare Entlastung brauche es mehr als eine Reduktion um 0,1 Prozentpunkte: „Wir haben schon oft gesehen: Mit klein-klein kommen wir nicht weiter“, plädiert sie für die von ÖHV, Gewerbeverein, Handelsverband, Senat der Wirtschaft und Lobby der Mitte geforderte Lohnnebenkostensenkung um 30 % für 30 Mitarbeiter je Unternehmen. Bei einer österreichweiten repräsentativen Befragung von 1.000 Arbeitgeber:innen stuften 96 % diese Forderung als sehr wichtig oder wichtig ein. Für den Tourismus als hart getroffenen Sektor sieht Reitterer eine unbürokratische und treffsichere Lösung: die Beibehaltung der 5 %igen USt.