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Nachträgliche Preisanpassungen und Energiezuschlag – Was ist erlaubt?
Teuerung

Nachträgliche Preisanpassungen und Energiezuschlag – Was ist erlaubt?

Steigende Kosten – vor allem im Energiebereich – müssen natürlich auch im Preis zumindest teilweise ihren Niederschlag finden. Aber können Arrangementpreise nachträglich erhöht werden? Kann ein Hotel einen Energiekostenaufschlag verlangen? Wir haben mit Moritz Am Ende von sms.law darüber gesprochen.

19. Oktober 2022

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Mag. Moritz Am Ende
Artikel von Mag. Moritz Am Ende

SCHIMA | MAYER | STARLINGER Rechtsanwälte GmbH

ÖHV: Herr Am Ende, kann ein Hotelier bei Buchungen, die eventuell schon vor längerer Zeit getätigt wurden, im Nachhinein den Preis erhöhen, weil die Energiekosten oder Lebensmittelpreise überdurchschnittlich gestiegen sind?

Moritz Am Ende: Eine Anpassung bestehender Verträge/Buchungen ohne besondere vertragliche Grundlage für eine Anpassung dürfte nur in Ausnahmefällen möglich sein. Grundsätzlich gehen Kostenerhöhungen auf der Bezugsseite, auch wenn sie nach Art und Ausmaß ungewöhnlich sind, immer zu Lasten des anbietenden Unternehmers – Verträge sind einzuhalten. Anderes gilt erst dann, wenn die Erhöhung der Energiekosten für den Betrieb akut existenzbedrohend wird. Dann kommt eine Anwendung der Grundsätze der wirtschaftlichen nachträglichen Unmöglichkeit in Betracht, die sog. "Unerschwinglichkeit". Vereinfacht gesagt: Der Grundsatz, dass Verträge einzuhalten sind, gilt dann nicht mehr, wenn der Schuldner dafür seine Existenz opfern müsste. Dies setzt aber extreme Szenarien voraus – eben eine echte Existenzgefährdung, ein bloß vorübergehender Verlust reicht hier nicht aus. Außerdem muss die Kostenerhöhung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses unvorhersehbar gewesen sein. Das heißt man muss sich hier genau anschauen, wann die betroffenen Buchungen getätigt wurden. Als Daumenregel würde ich sagen, dass bei Buchungen, die vor dem russischen Überfall auf die Ukraine getätigt wurden, die jetzt erfolgten Preissteigerungen wohl nicht vorhersehbar waren, danach aber eher schon. Und auch ganz wichtig: Möchte der Hotelier auf dieser Grundlage den Preis anpassen, sollte dieser Umstand und auch die Gründe dafür rechtzeitig und klar an den Gast kommuniziert werden. Dem Grunde nach kann der Gast nämlich vom Vertrag zurücktreten, wenn er den angepassten Preis nicht akzeptieren möchte.

ÖHV: Was ist, wenn noch keine Existenzgefährdung droht oder eine Berufung auf wirtschaftliche Unmöglichkeit sonst nicht zulässig wäre?

Moritz Am Ende: Falls der Betrieb die Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Hotellerie 2006 vereinbart oder eine äquivalente Regelung in seinen AGB hat, käme auch eine (Änderungs)Kündigung des Hoteliers aus sachlichem Grund in Betracht – also eine Kündigung kombiniert mit dem Angebot, den vereinbarten Preis nachträglich zu ändern. Eine Kündigung aus sachlichem Grund ist nach § 5.4 der AGBH 2006 bis drei Monate vor Beginn des Aufenthalts möglich. Die Anforderungen an einen "sachlichen Grund" für eine solche Kündigung sind weniger streng als bei einer Berufung auf die Unerschwinglichkeit der Leistungserbringung. Wenn sich die Energiekosten des Betriebs für den Buchungszeitraum so massiv erhöht haben (oder absehbar erhöhen werden), dass der für die konkrete Buchung vereinbarte Preis deswegen nicht mehr kostendeckend ist bzw. sein wird, hielte ich einen "sachlicher Grund" für eine Kündigung nach § 5.4 AGBH 2006 für gut argumentierbar. Meiner Ansicht nach kein "sachlicher Grund", der eine Kündigung rechtfertigen könnte, wäre aber z.B. das bloße Bestreben, bei einer ohnehin noch profitablen Buchung den Gewinn weiter zu erhöhen, oder gar eine opportunistische Kündigung unter Berufung auf allgemeine Marktentwicklungen, obwohl die Kosten des betroffenen Betriebes selbst noch gar nicht signifikant gestiegen sind.

ÖHV: Wäre es eine Möglichkeit, für künftige Buchungen mit Preisanpassungsklauseln zu arbeiten?

Moritz Am Ende: Die Aufnahme von Preisanpassungsklauseln in zukünftige Verträge wäre grundsätzlich schon möglich, aber in einer Branche wie der Hotellerie meines Erachtens eher schwierig umzusetzen. Die zentrale insofern zu beachtende Vorschrift wäre § 6 Abs 1 Z 5 KSchG - danach sind für Verbraucher insbesondere solche Vertragsbestimmungen nicht verbindlich, nach denen "dem Unternehmer auf sein Verlangen für seine Leistung ein höheres als das bei der Vertragsschließung bestimmte Entgelt zusteht, es sei denn, dass der Vertrag bei Vorliegen der vereinbarten Voraussetzungen für eine Entgeltänderung auch eine Entgeltsenkung vorsieht, dass die für die Entgeltänderung maßgebenden Umstände im Vertrag umschrieben und sachlich gerechtfertigt sind sowie dass ihr Eintritt nicht vom Willen des Unternehmers abhängt." Dazu müsste der Hotelier in einem gewissen Ausmaß die eigenen Kalkulationsgrundlagen offenlegen und dabei insbesondere auch definieren, wie hoch denn der Einfluss z.B. der Energiekosten, Lebensmittelpreise etc. auf den Preis des Zimmers bzw. des Arrangements ist. Das muss man wollen. Weiters müsste, dem Transparenzgebot entsprechend, auch vorab offengelegt werden, wann und wie der Preis geändert wird – z.B. durch die Definition von Schwellen, bei deren Über- bzw. Unterschreitung die Preisänderung ausgelöst wird. Wichtig: Bei fallenden Energiepreisen muss der Preis genauso nach unten angepasst werden, wie er bei steigenden Energiepreisen noch oben angepasst werden kann! Ein einseitiges reines Preiserhöhungsrecht ist unzulässig. Außerdem würden wir davon abraten, solche Klauseln in AGBs zu "verstecken"; unserer Ansicht nach muss bei Vertragsschluss besonders auf solche Preisanpassungsklauseln hingewiesen werden. Denn nach § 864a ABGB werden "Bestimmungen ungewöhnlichen Inhaltes in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern, die ein Vertragsteil verwendet hat, nicht Vertragsbestandteil, wenn sie dem anderen Teil nachteilig sind und er mit ihnen auch nach den Umständen, vor allem nach dem äußeren Erscheinungsbild der Urkunde, nicht zu rechnen brauchte; es sei denn, der eine Vertragsteil hat den anderen besonders darauf hingewiesen." Aus unserer Sicht wäre eine Preisanpassungsklausel in einem Beherbergungsvertrag definitiv ungewöhnlich.

ÖHV:In Deutschland hört man vermehrt von Hoteliers, die eine Energiepauschale aufschlagen. Ist das in Österreich möglich?

Moritz Am Ende: Bei bestehenden Buchungen wäre das, wie gesagt, ein Eingriff in einen bestehenden Vertrag. Bei zukünftigen Buchungen könnte eine "Energiepauschale" dem Grund nach vereinbart werden. Zu beachten sind aber die Vorschriften des Preisauszeichnungsgesetzes. Danach müssen Verbrauchern gegenüber Bruttopreise ausgewiesen werden, also einschließlich der Umsatzsteuer sowie aller sonstiger Abgaben und Zuschläge. Das betrifft auch Zuschläge für Energie oder sonstiges. Für nicht zulässig halte ich daher eine Auszeichnung wie diese:

ÖHV: Gelten obige Ausführungen auch gegenüber Businesskunden und für Pauschalreisen?

Moritz Am Ende: Das zur wirtschaftlichen Unmöglichkeit gesagte gilt auch gegenüber Businesskunden und argumentierbar wohl auch bei Pauschalreisen.

Bei der Vereinbarung von neuen Verträgen sind im B2B Bereich das Preisauszeichnungsgesetz und das Konsumentenschutzgesetz nicht anwendbar. Auch im B2B-Bereich gilt aber das Transparenzgebot des § 864a ABGB: Da Preisanpassungsklauseln nach unserem Verständnis in der Branche unüblich sind, müsste für eine wirksame Vereinbarung einer solchen Klausel explizit darauf hingewiesen werden.

Bei Pauschalreisen sieht das Pauschalreisegesetz die Möglichkeit von Preisanpassungsklauseln wegen höherer Energiepreise nur für Personenbeförderungsleistungen vor. Für Beherbergungsleistungen im Anwendungsbereich des Pauschalreisegesetzes ist der Rückgriff auf entsprechende Klauseln damit ausgeschlossen.

ÖHV:Vielen Dank für das Gespräch!

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Mag. Maria Wottawa

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