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Kreditschädigende Beurteilungen - was tun?

Gäste gestalten das Hotel-Image aktiv durch Bewertungen auf diversen Plattformen, die für alle sichtbar sind, mit. Wo liegt die Grenze der Zulässigkeit?

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Über Hotelbewertungen haben Gäste einen nicht unbeachtlichen Einfluss auf das Image eines Hotels.  Prinzipiell gilt das Recht auf freie Meinungsäußerung. Es hat jedoch dort seine Grenzen, wo das Gebot der Sachlichkeit eindeutig verletzt wird.

Eine unwahre Tatsachenbehauptung, deren Tatsachenkern überprüfbar ist, ist jedenfalls nicht gestattet. Viele Bewertungen sind ihrer Natur nach mit subjektiven Elementen durchzogen, die als nicht überprüfbare Werturteile im Rahmen der Meinungsfreiheit jedoch zulässig sind. Es ist somit im Einzelfall zu prüfen, ob es sich um eine unzulässige unwahre Tatsachenbehauptung oder um ein zulässiges Werturteil handelt.

Jede Manipulation von Bewertungen (z.B. Unterdrückung von schlechten Reviews, Fake Bewertungen etc.) ist natürlich unzulässig!

Unsere Fragen an Rechtsanwalt Mag. Andreas Kezer

ÖHV: Wie schützt das Gesetz vor falschen Tatsachenbehauptungen?

Kezer: "Wer Tatsachen verbreitet, die unwahr sind und deren Unwahrheit er oder sie kannte oder kennen musste und diese unrichtigen Tatsachen den Kredit, den Erwerb oder das Fortkommen eines anderen (hier des Hotels) gefährden, verstößt gegen § 1330 Abs 2 ABGB. Diese Bestimmung schützt allerdings nur vor unrichtigen Tatsachenbehauptungen und nicht vor Werturteilen. Die Abgrenzung ist in der Praxis nicht leicht. Eine unrichtige Tatsachenbehauptung liegt etwa dann vor, wenn ein Gast in einer Bewertung wider besseres Wissen schreibt, 'das Hotelessen ist mit verdorbenen Zutaten zubereitet worden'. Ein Werturteil hingegen wäre beispielsweise die Aussage: 'das Essen hat mir nicht geschmeckt'. Mit anderen Worten: Tatsachenbehauptungen erkennt man daran, dass objektiv festgestellt werden kann, ob etwas richtig oder falsch ist; Werturteile hingegen enthalten im Kern nicht überprüfbare, subjektiv geprägte Aussagen. Ob eine unrichtige Tatsachenbehauptung oder ein Werturteil vorliegt, ist eine Beurteilung des Einzelfalles."

ÖHV: Welche Möglichkeiten hat ein Hotelier gegenüber dem Gast, der Unwahrheiten verbreitet?

Kezer: "Schädigt ein Gast (oder aber auch ein Mitbewerber) durch seine tatsachenwidrige Äußerung und/oder durch eine unrichtige Bewertung das Hotel in Kredit und Fortkommen, kann das Hotel zunächst auf Basis des § 1330 Abs 2 ABGB Widerruf sowie dessen Veröffentlichung verlangen. Weiters kann das Hotel Unterlassungs- und Schadenersatzansprüche gegen den Schädiger geltend machen. Bei Geltendmachung eines Schadenersatzanspruches ist aber darauf zu achten, dass dem Hotel ein nachweisbarer und bezifferbarer Schaden entstanden sein muss, andernfalls der Anspruch ins Leere geht. Zudem kann im Einzelfall geprüft werden, ob durch das Verhalten des Schädigers auch strafrechtlich Tatbestände erfüllt wurden. In Frage käme unter anderem üble Nachrede (§ 111 StGB), Beleidigung (§ 115 StGB), oder Verleumdung (§ 297 StGB). Das Problem ist aber, dass User oftmals anonym bewerten. Hier trifft Bewertungsportale bzw Social Media Plattformen eine Auskunftspflicht. Gemäß § 18 ECG kann man von dem Betreiber einer Plattform ("Host-Provider") Auskunft über den Namen und Adresse eines Nutzers verlangen. Dazu muss das Hotel ein überwiegendes rechtliches Interesse an der Auskunft darlegen und glaubhaft machen, dass die Kenntnis dieser Auskunft eine wesentliche Voraussetzung für die Rechtsverfolgung bildet. Sowohl bei der Rechtsverfolgung gegenüber einem bekannten User als auch (bzw umso mehr) bei der Rechtsverfolgung gegenüber einem unbekannten User sollte man einen Anwalt beiziehen, der entsprechende Aufforderungsschreiben (Löschung, Widerruf) verfasst. Oft löschen die User die inkriminierten Beiträge/Bewertungen als Reaktion auf ein solches Schreiben, sodass es erst gar nicht zu einem Prozess kommt. Übrigens ist es zur Anspruchsdurchsetzung äußerst wichtig, dass Screenshots der inkriminierenden Äußerung aufgenommen werden."

ÖHV: Welche Rechte hat der Hotelier gegenüber der Plattform, auf der die Bewertung veröffentlicht wurde?

Kezer: "Bewertungsplattformen sind hinsichtlich der Bewertungen rechtlich als "Host-Provider" zu qualifizieren. Das bedeutet, dass sie zwar nicht dazu verpflichtet sind, alle Bewertungen auf ihre inhaltliche Richtigkeit zu überprüfen, werden sie aber auf eine Rechtsverletzung hingewiesen, so sind sie verpflichtet, die entsprechenden Beiträge zu entfernen (§ 16 Abs 1 Z 2 ECG). Werden diese nicht entfernt, können die Plattformen selbst auf Unterlassung in Anspruch genommen werden."

ÖHV: Kann bei internationalen Gästen und Plattformen davon ausgegangen werden, dass österreichisches Recht gilt und ein österreichischer Gerichtsstand argumentiert werden kann?

Kezer: "Welches Recht auf einen Vertrag mit Auslandsbezug anwendbar ist, bestimmt sich nach sogenannten Verweisungsnormen. Auf vertragliche Schuldverhältnisse ist die ROM I Verordnung anwendbar; sie gilt daher auch für Hoteliers, die ihre Dienstleistungen ausschließlich in Österreich erbringen sowie für Beförderungsverträge. Die Rom I Verordnung sieht vor, dass Österreichisches Recht zur Anwendung kommt bzw  vereinbart werden darf . Enthalten die Verträge allerdings in einem Pauschalpreis kombiniert Beförderungs- und Unterbringungsleistungen (Pauschalreise), so wäre bei einer Ausrichtung der Tätigkeit des Hotels (Internetwerbung) auf den Wohnsitzstaat des Verbrauchers grundsätzlich das Recht des Wohnsitzstaates des Verbrauchers anwendbar. Eine abweichende Vereinbarung wäre auch hier zulässig, allerdings darf die Rechtswahl nicht dazu führen, dass dem Verbraucher die zwingenden Verbraucherschutzbestimmungen seines Heimatstaates entzogen werden.*) Die Wirksamkeit der Vereinbarung der österreichischen Gerichte richtet sich bei bestehendem Auslandsbezug und zumindest einem Anknüpfungspunkt in einem Mitgliedsstaat (hier Hotel in Österreich) nach der EuGVVO. Gerichtsstandsvereinbarungen dürfen hier nur zum Vorteil des Verbrauchers oder über bestehende Rechtsstreitigkeiten getroffen werden. Ansonsten kann sich ein Verbraucher mit Sitz in einem Mitgliedstaat auf den Verbrauchergerichtsstand berufen, wenn der Unternehmer seine Tätigkeit auf diesen (zB durch entsprechende Internetpräsenz) ausrichtet. Dies kann unter Umständen dazu führen, dass ein Verbraucher aus Deutschland vor deutschen Gerichten klagt und diese österreichisches Recht anwenden müssen. Ausgenommen hiervon sind reine Beförderungsverträge (zB Buchung eines Fluges)."

ÖHV: In letzter Zeit hört man vermehrt von "Bewertungserpressung". Was ist das und wie kann man sich dagegen wehren?

Kezer: "Bei Bewertungserpressungen handelt es sich um Drohungen eines Users (in der Praxis oftmals kriminelle Banden) mit einer negativen Bewertung, falls das Hotel zB keinen Preisnachlass oder eine sonstige Leistung gewährt. Oder der User bewertet (tatsachenwidrig) ein Hotel negativ, und stellt in Aussicht diese Bewertung zu löschen, wenn es vom Hotel zB einen Preisnachlass oder eine sonstige Leistung erhält. Bei Bewertungserpressungen handelt es sich nicht um ein Kavaliersdelikt, vielmehr ist das in aller Regel eine strafbare Erpressung. Wichtig ist jedenfalls, den Fall ausreichend zu dokumentieren: Falls die Drohung mündlich ausgesprochen wurde, sollte sie umgehend mit einem Aktenvermerk festgehalten werden, den allfällige Zeugen unterschreiben sollten. Bei einer schriftlichen Drohung (zB Email) sollte ein Screenshot angefertigt werden. Sollte man Opfer einer Bewertungserpressung werden, kann man einen Hinweis auf die Erpressung (und sofern vorhanden einen Screenshot des E-Mails/Schreibens mit der Erpressung) unter der allenfalls bereits abgegebenen negativen Bewertung posten. Dazu raten wir, diesen Hinweis mit einem Artikel zu verlinken, der die „Masche der Bewertungserpressung“ beschreibt. Zudem sollten die Betreiber der jeweiligen Online-Plattform und die Behörden darüber informiert werden. Unabhängig davon stehen dem Hotel gegen den Bewertungserpresser Löschungs- und Unterlassungsansprüche zu. Das Hotel sollte sich aber nicht verleiten lassen eine 'Gegendrohung' zu formulieren, weil das könnte mitunter auch strafrechtlich relevant sein. Betroffene Hotels sollten sich aber unter keinen Umständen erpressen lassen, sondern einen Anwalt aufsuchen."

*) Pauschalreise bezieht sich hier (ROM I VO) noch auf die alte Pauschalreiserichtlinie. Sämtliche Angaben erfolgen trotz sorgfältiger Bearbeitung ohne Gewähr und ersetzen nicht die Beratung durch einen Rechtsanwalt.

 

Stand: August 2023

Andreas Kezer ist Rechtsanwalt bei Schima Mayer Starlinger Rechtsanwälte GmbH und
Co-Autor des im Manz Verlag erschienenen Praxishandbuch Social Media Recht.


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