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Kostensteigerungen weitergeben?
Marketing & Vertrieb

Kostensteigerungen weitergeben?

Die steigenden Kosten in den Bereichen Energie, Mitarbeiter:innen und Waren belasten die Hotellerie. Welche Auswirkungen hat das auf die Preisgestaltung? Ist es überhaupt möglich, die Kostensteigerungen 1:1 an den Gast weiterzugeben? Antworten darauf von unseren Expertinnen Bianca Spalteholz und Gabriele Schulze.

02. Juni 2022

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Die größten Kostentreiber sind aktuell die Bereiche Energie, Mitarbeiter:innen und der Materialeinkauf im Bereich Speisen und Getränke. Auch Lieferant:innen – vom Dienstleister für Wäschereinigung bis hin zu IT-Unternehmen – versuchen, die Preise zu erhöhen, um ihrerseits steigende Kosten für Energie und Mitarbeiter weiterzugeben.

ÖHV: Frau Spalteholz, Frau Schulze, kann eine generelle Aussage getroffen werden, in welcher Höhe Unternehmer:innen die aktuelle Kostensteigerung in ihre Preise miteinrechnen können bzw. sollen? 

Bianca Spalteholz:  Nein, dazu gibt es keine generelle Aussage! Das hat mit dem Hoteltyp zu tun. Habe ich ein Wellness & Spa Hotel, fallen insgesamt viel höhere Energiekosten an als in einem Bed & Breakfast Betrieb. Eine ähnliche Situation gibt es bei den Wareneinsatzkosten. Auch hier lohnt sich ein Blick auf den Hoteltyp. Ein Vollhotel mit einem oder mehreren Restaurantoutlets wird in Proportion höhere Kostensteigerungen wahrnehmen als das Bed & Breakfast, das lediglich erhöhten Wareneinsatz für das Frühstück aufbringen muss.

Gabriele Schulze: Nein, dieser Faktor muss individuell ermittelt werden und die Ergebnisse sind auch sehr unterschiedlich. Es gibt Hotels, die haben kaum Mitarbeiterprobleme, unter anderem, weil sie schon immer ihre Talente gut bezahlen, attraktiven Wohnraum oder kluge Arbeitsplatzwelten und Entwicklungskonzepte bieten. Andere haben einen vergleichsweise geringen Energiebedarf, weil die Schonung der Ressourcen und die Nutzung von erneuerbaren Energien schon lange zum Konzept gehören und die steigenden Energiekosten, sich daher kaum auswirken.


ÖHV: Ist es sinnvoll und überhaupt möglich, die Kostensteigerungen 1:1 an den Gast weiterzugeben?

Bianca Spalteholz: Das geht gar nicht 1:1, denn die Kosten steigen ja auch nicht in allen Bereichen gleich stark an. Was ich empfehle ist, schnellstmöglich eine aktuelle Preisuntergrenzen-Berechnung der reinen Logis durchzuführen und zusätzlich die Meal-Plan-Splits neu zu berechnen (siehe dazu die Quick facts-Box auf dieser Seite). Denn in den Meal Plans sind viele der Preissteigerungen aus dem Wareneinkauf enthalten. So muss der Split einer Halbpension oder gar eine ¾ Pension proportional höher ansteigen als der Frühstückssplit. Für die Neuberechnung der Energiekosten würde ich mir Angebote einholen und berechnen, wieviel Mehrkosten ich analog zu meinem Verbrauch aus dem letzten vollen Referenzjahr habe. 

Gabriele Schulze: Kosten, die man nicht anders kompensieren kann, müssen natürlich an die Gäste und Kunden weitergegeben werden. Dieses kann aber mit verschiedenen Strategien geschehen. Beispielsweise ist eine überproportionale Erhöhung der Preise in nachfragestarken Zeiten einfacher durchsetzbar als eine lineare Erhöhung in allen Nachfragezeiten. Eine unterschiedliche Behandlung von Volumenkunden und Stammgästen und Einmal-Gästen, kann sehr sinnvoll sein. Und Hotels, die jetzt von Nachholeffekten nach Corona profitieren, können steigende Kosten ggf. auch durch die bessere Auslastung ausgleichen. 

Was ich empfehle ist, schnellstmöglich eine aktuelle Preisuntergrenzen-Berechnung der reinen Logis durchzuführen und zusätzlich die Meal-Plan-Splits neu zu berechnen.

Bianca Spalteholz
Geschäftsführerin Spalteholz Hotelkompetenz GmbH & Co KG und ÖHV-Trainerin
ÖHV: Viele Hoteliers arbeiten mit Saisonpreisen. Was kann man tun, wenn die Preislisten bereits gedruckt sind?

Bianca Spalteholz:  Spätestens in der Corona-Krise haben selbst eingefleischte Vertreter der „Saisonpreis-Fraktion“ gemerkt, dass sie ihr Hotel nicht zweimal, sondern 3 bis 4 mal verkaufen hätten können. Besonders in der klassischen Ferienhotellerie haben Hotels wahrgenommen, was es bedeutet, einer außergewöhnlich hohen Nachfrage ausgesetzt zu sein. An manchen Tagen wurden sie über Nacht ausgebucht, während andere Hotels zu Höchstpreisen noch zur Verfügung standen. Sie konnten durch dynamische Preisanpassungen an manchen Tagen ihren Erlös verdoppeln. Wer seinen Gästen ein Preisversprechen in Form einer gedruckten Preisliste oder auf seiner Website gegeben hat, kann sich nicht vorstellen, seine Preise pro Nacht und Zimmer z.B. zu verdoppeln. Dann ist es eine unternehmerische Entscheidung, ob ich meine Preise trotz gedruckter Listen anhebe.

Gabriele Schulze: Vom Druck oder der PDF-Veröffentlichung von Preislisten müssen wir schon seit Jahren abraten. Wird es trotzdem noch gemacht, dann sollte man die Gäste, denen man diese Werke zu gesendet hat, erneut informieren, dass sich etwas geändert hat. Überprüft das gern mit Euren Anwälten, aber Preisangaben auf Flyern oder im Internet sind nicht verbindlich. Erst nach der bestätigten Buchung hat man ein Kaufangebot akzeptiert und sollte sich an die vereinbarten Preise auch halten. Natürlich zeigt es einen sinnvollen Grad an Kundenorientierung, wenn man sich an seine Versprechungen hält. Aber als Unternehmer ist man nicht nur seinen Gästen, sondern auch seinen Mitarbeiter:innen und Kundinnen bzw. Kunden verpflichtet und das bedeutet, dass eine sichere finanzielle Basis Teil der Unternehmensführung sein muss.


Sind Saisonpreislisten in Zeiten wie diesen überhaupt noch aktuell, oder ist es jetzt Zeit auf dynamisches Pricing umzusteigen?

Bianca Spalteholz:  Die klare Antwort ist "Ja zu dynamischen Preisen"! Es ist höchste Zeit und in der Tat können Beratungsfirmen und Revenue Management Software Anbieter sich vor Anfragen momentan nicht retten. Saisonpreislisten sind irgendwie anachronistisch. Sie stammen noch aus der Zeit der Reiseveranstalter mit ihren Printkatalogen. Saisonpreislisten sind dem modernen Gast nicht zumutbar. Schließlich muss der Gast dann alles selbst ausrechnen, angefangen von Saisonwechseln bis hin zu Kinderregelungen und allen möglichen Buchungs- und Aufschlagsregelungen.

Gabriele Schulze: Ich möchte es lieber anders nennen: Es ist in unberechenbaren Zeiten wie diesen besonders unklug, sich ein Jahr oder länger im Voraus auf bestimmte Preise festzulegen. Gute Revenue Management Strategien müssen nicht unbedingt dynamisches Pricing beinhalten. Aber sie lassen stets die Möglichkeit, zumindest ohne Vertragsbindung jederzeit die Preise an neue Wirklichkeiten anzupassen.

Die meisten Reiseveranstalter haben den Preisteil schon vor Jahren aus den Katalogen entfernt und verweisen auf die digitale Abfragemöglichkeit. Warum wohl?

Gabriele Schulze
Gründerin & Inhaberin von Marketing4results und ÖHV-Trainerin
ÖHV: Oftmals hört man von Hoteliers, dass Stammgäste ein flexibles Preissystem nicht akzeptieren wollen. Gibt es auch flexible Preislösungen für Hotels mit einem hohen Stammgästeanteil?

Bianca Spalteholz:  Der Stammgast – gerade in hochwertigen Ferienhotels – ist aufgeklärter als man denkt. Er reist durch die teuersten Hotels der Welt oder ist auf Kreuzfahrtschiffen unterwegs. Dynamische – nachfragegesteuerte Preise – sind international üblich. Oft sind es die Bedenken des Hoteliers selbst, seine Stammgäste zu verärgern. Hat man einmal umgestellt und ist den Prozess der Veränderung durchlaufen, dann wundert man sich, dass relativ wenige der Stammgäste die dynamischen Preise wahrnehmen. Wichtig ist, die absolut transparente Preisdarstellung und ehrliche Kommunikation mit dem Gast, sowohl online als auch am Telefon und in schriftlichen Angeboten. Das bedarf einer logischen Preisstruktur und der technologischen Umsetzung selbiger in den Systemwelten des Hoteliers.

Gabriele Schulze: Vorausgesetzt, es gibt ein kluges Stammgastkonzept, kann natürlich ein Festpreisangebot oder ein Rabattcode Teil eines Stammgast-Vorteilspaketes sein. Ehrlich gesagt ist dies aber selten nötig, wenn die Preismethodik klug an die Ausgangssituation und die bestehenden und zu erwartenden Gastsegmente angepasst wird. Wenn ich in der Vergangenheit von einem Stammgast in der Hauptsaison 250 Euro pro Nacht verlangt habe, dann wird es natürlich nicht akzeptiert, wenn ich ohne Gründe (nur weil ich jetzt ein dynamisches Pricing mache) pro Nacht 320 Euro verlange. Das neue Preiskonzept wird eher berücksichtigen, dass vielleicht Sonntag und Montag jetzt günstiger als vor der Preisumstellung sind und Freitag und Samstag teurer verkauft werden, weil man Gäste bewusst auf die nachfrageschwächeren Zeiten umleiten möchte. Für den Gast, der immer 7 Nächte bleibt, dürfte sich also direkt nach der Umstellung kaum etwas ändern.


ÖHV: Sollen Preissteigerungen generell offen kommuniziert werden, oder schreckt das den Gast eher ab?

Bianca Spalteholz:  Immer! Je offener und transparenter desto besser. Ich kann Ihnen sehr viele Betriebe nennen, die diesen Umstellungsprozess durchlaufen sind. Sie sind so überzeugt davon, dass sie gerne auch als Referenz zur Verfügung stehen.

Gabriele Schulze: Die offizielle Information, dass sich Preise verändern, ist nur nötig, wenn es ein Vertragsverhältnis mit einem festen Preis gibt.

ÖHV: Mit Vertragspartnern, wie z.B. Reiseveranstaltern und Firmen, werden die Preise oft schon ein Jahr im Voraus festgelegt. Gibt es da noch eine Möglichkeit, neu zu verhandeln? Haben Sie Tipps, wie man durch gute Verhandlungen Kosten sparen kann?


Bianca Spalteholz:  Da bin ich ziemlich radikal in meiner Ansicht. Je nachdem, wie stark ich als Hotel abhängig vom Veranstalter bin, würde meine Verhandlung ausfallen. Partner mit Festkontingenten müsste man bitten, die Kontingente zu reduzieren oder gar zurückzubekommen. Das geht aber vertraglich nicht so einfach. Da braucht man Kulanz vom Partner. 

Man könnte versuchen, eine Preissteigerung durchzusetzen und über Preis und Kontingenterfüllung verhandeln. Bei Partnern mit Freesale-Verträgen könnte man den Verkauf sperren und/oder mit der möglichen Sperrung in die Verhandlung über Preise gehen. Das ist aber alles von der Zusammenarbeit mit dem Partner abhängig. Will ein Hotelier die Stimmung mit dem Veranstalter auf einem positiven Niveau halten, wird er vielleicht verhandeln. Aber ein Rezept dafür gibt es meiner Meinung nach nicht. 

Gabriele Schulze: Nach meiner Erfahrung kann man mit fast allen seriösen Geschäftspartnern reden. Viele Verträge beinhalten von vornherein die Klausel, dass unerwartete Kostensteigerungen weitergegeben werden können. Außer in harten Kontingentverträgen hat ein Hotel in der Regel keine Lieferverpflichtung. Wenn also ein Kunde im Tagungs- oder Geschäftsreisebereich absolut keine Bereitschaft zeigt, eine Preisanpassung zu akzeptieren, dann kann auch die Reduzierung der Verfügbarkeit für diesen Kunden ein Weg sein. So schafft man Platz für preisbereitere Gäste. 

Konzepte, die erfolgreich bereits umgesetzt werden, sind: Für Business-Kunden einen Zuschlag für einen bestimmten Zeitraum vereinbaren mit der Ergänzung, dass dieser Zuschlag zum Jahresende überprüft wird. Oder man verhandelt einen neuen Preis, garantiert diesen aber bis Ende 2023. Natürlich ist es auch opportun, genau zu prüfen, welcher Kunde überhaupt eine gute Alternative hat. Bin ich das nächstgelegene oder fast einzige Hotel in der Nähe zu einem Großunternehmen mit vielen Besuchern, sind die Chancen, dass eine Preiserhöhung akzeptiert wird, deutlich größer, als wenn der Kunde eine große und gleichwertige Auswahl hat. Er tut dann, was auch jeder Hotelier tun muss, wenn ihm eine Preiserhöhung angekündigt wird. Er vergleicht und prüft, ob es Gleichwertiges zu günstigeren Preisen gibt. 

Gerade bei Kunden mit großen Volumen ist es auf jeden Fall sinnvoll, sich genau anzuschauen, an wie vielen Tagen dieser Kunde ohnehin besseres Geschäft verdrängt. In Business- und Tagungs-Hotels sind außerhalb der Ferienzeiten stets die Tage Dienstag, Mittwoch und Donnerstag verdächtig. Hat ein Hotel an vielen dieser Tage bereits eine nahezu 100-prozentige Auslastung und wird ein großer Teil dieser Auslastung durch Volumenkunden mit Rabattpreisen belegt, dann fällt es vielleicht etwas leichter, auch auf den einen oder anderen Kunden zu verzichten. Kunden oder Gäste, die immer nur in den starken Nachfragezeiten kommen, sind leichter zu ersetzen als die Gäste, die auch die schwachen Zeiten belegen. 

Leider sind diese Analysen stets sehr aufwändig, weil die Business Analyse Tools in den meisten Hotels nicht vorhanden oder einfach nicht gut genug sind.

Kalkulation der Preisuntergrenze

  • Vertriebsexpertin Gabriele Schulze stellt ÖHV-Mitgliedern ein Tool zur Kalkulation der Preisuntergrenze zur Verfügung. 

Ihre Ansprechpartnerin

Christoph Taussig

Christoph Taussig

ÖHV-Campus E-Mail senden +43 1 5330952-35

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