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Arbeitsmarkt
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Österreichs Tourismus ist über Jahrzehnte von seinem internationalen Erfolg geprägt und dem daraus resultierenden starken Nachfrage- und Angebotswachstum im mitarbeiterintensiven Qualitätsbereich in überwiegend weniger dicht besiedelten Ferienregionen – wo Mitarbeiter:innen gar nicht im benötigten Ausmaß verfügbar sein können.

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Die dahingehende politische Überzeugungsarbeit der vergangenen Jahre trug Früchte, die Bundesregierung erkannte den dringenden Handlungsbedarf und setzte eine ganze Reihe von Schritten, die nur kurz davor nicht realistisch erschienen:

  • die Aufnahme touristischer Positionen in die bundesweite Mangelberufsliste
  • die Erhöhung der Saisonnier-Kontingente um zuerst 1.000 und dann 400 weitere Stellen
  • die Flexibilisierung der Saisonnier-Kontingente, die das Ausschöpfen in vollem Umfang erst ermöglichte
  • die Einführung von Stamm-Saisonniers, die zusätzlich zum erhöhten Saisonnier-Kontingent beschäftigt werden können

 

 Megatrends überlagern Erfolge

Doch die weitere und absehbare Entwicklung auf dem nationalen wie internationalen Arbeitsmarkt zeigt eines ganz klar. Diese arbeitsmarktpolitischen Meilensteine werden durch mehrere Megatrends überlagert:

  • eine Pensionsantrittswelle, die ihres­ gleichen sucht
  • eine in dem Ausmaß nie gesehene Geburtenflaute
  • eine nie dagewesene Akademikerquote
  • eine restriktive Zuwanderungspolitik jedenfalls für Nicht-­Akademiker
  • eine neue Arbeitskultur weg von Vollzeit hin zu Teilzeit

Für diese für den mitarbeiterintensiven Tourismus herausfordernden Trends ist kein Ende absehbar. Im Gegenteil beschleunigen sich die demografischen Effekte noch, wenn nicht gegengesteuert wird: Bis 2040 – also in absehbarer Zeit, soll die Zahl der Pensionist:innen in Österreich laut Statistik Austria um 48,1 %, also fast um die Hälfte, zunehmen; die der Personen im Haupt- erwerbsalter (20 bis 65) um 3,5 % zurückgehen.

Der Tourismus rettet die Volkswirtschaft

Die Arbeitsmarktlücke wird also weiter wach- sen und den KMU alleine kann es nicht gelingen, derartige Megatrends umzudrehen. Doch das braucht es, um die dynamische Entwicklung der Netto-Tourismusexporte nach der Corona- und Gaspreis-Krise so schnell wie möglich wieder fortzusetzen. 

Die Netto-Tourismusexporte stiegen zwischen 2009 und 2019 um 64,5 %, der Überschuss von 10.128 Mio. Euro: Geld, auf das das teuer verwaltete Österreich nicht verzichten kann. Will das Land nicht in ein Außenhandelsdefizit rutschen, braucht es einen exportstarken Dienstleistungssektor und daher eine leistungsfähige Hotellerie mit gut besetzten Positionen.

Nur mit gemeinsamen ernsthaften Anstrengungen von Politik und Wirt­ schaft kann es gelingen, eine Antwort auf die Megatrends auf dem Arbeits­ markt zu entwickeln und so den größ­ ten, alle Branchen übergreifenden, Beschäftigtenausfall in der Geschichte der Menschheit abzufedern.

Vorbild Deutschland

Am Ende dieses Prozesses muss etwas so Epo- chales stehen wie die deutschen Fachkräftezuwanderungsgesetze. Diese stellen eine echte Kehrtwende dar: Damit bewirbt sich ein Land aktiv um die besten Kräfte und stellt damit selbstbestimmt die Weichen in Richtung Zukunft.

Bis das österreichische Pendant zum deutschen Fachkräftezuwanderungsgesetz entwickelt und umgesetzt ist, braucht es eine ganze Reihe von Überbrückungsmaßnahmen.

 

Chance Branchennachwuchs

Ist der Feststellungsbescheid – die Genehmigung für Betriebe, Lehrlinge auszubilden – verliehen, wird nie wieder geprüft, ob Mindeststandards erfüllt werden.

  • Es braucht dringend eine regelmäßige oder anlassfallbedingte Überprüfung, ob Ausbildungsbetriebe ihrer Aufgabe ge­ wachsen sind.

 

Chance Kinderbetreuung

  • Es braucht – vor allem in Tourismusregio­nen – öffentliche wie private Kinderbe­treuungsangebote, die über 9 to 5 hin­ausgehen und auch an Wochenenden kostenlos verfügbar sind.
  • Dazu braucht es leicht verständliche Praxisleitfäden für die Errichtung privater Kinderbetreuungsstätten durch Unterneh­men, die ihren Beschäftigten und den Mitarbeiter:innen von kooperierenden Unter­nehmen dieses Angebot machen wollen.
  • Esbraucht eine private public partnership­ Offensive mit dem Ziel möglichst viele Be­treuungsplätze für Angehörige von Berufs­gruppen mit arhythmischen Arbeitszeiten.

Chance Pensionist:innen & Studierende

Die Gelegenheit zur Besetzung offener Stellen und zur Erhöhung kleiner Pensionseinkommen ist die geringfügige Beschäftigung zu attraktiven Konditionen:

  • Pensionist:innen müssen vom Pensions­ versicherungsbeitrag befreit werden.
  • DieZuverdienstgrenzenfürPensionist:in­nen und Student:innen muss rasch er­höht werden.

Die Erhöhung muss zumindest das Ausmaß der Inflation ausmachen, da andernfalls die Zahl der Arbeitsstunden merklich gekürzt werden muss, um die Zuverdienstgrenze nicht zu überschreiten. Gleichzeitig reißt das ein Loch in die Haushaltbudgets der Betroffenen, wenn das Arbeitseinkommen nicht mit der Inflation Schritt halten kann. 

Chance Wiedereingliederung von Arbeitslosen

Jeder kann einmal arbeitslos werden, keiner muss es im Land Hunderttausender offenen Stellen lange bleiben. Ein degressives Arbeitslosengeld motiviert, angebotene offene Stellen anzutreten.

Chance Mobilität

Staatliche Unterstützungen wie Umzugsbonus und Mobilitätsbeihilfe müssen ausgebaut und vor allem stärker kommuniziert werden.

Jahrhundertchance Lohnsteuersenkung

Eine nicht zu vernachlässigende Chance zur Motivierung von Bewerber:innen läge in einer merklichen Erhöhung der Nettolöhne durch die Reduktion der Steuerlast auf Arbeit. Die vielversprechendsten arbeitsmarktpolitischen Hebel sind

  • die Halbierung der Lohnsteuer für Voll­zeit­-Beschäftigte unter 30 Jahren und
  • die Streichung von Lohnsteuer und Lohn­nebenkosten auf Überstunden.
  • ein Vollzeitbonus: die Steuerbefreiung ei­nes Lohnanteils für Vollzeitbeschäftigte
  • Verdoppelung der Freibeträge für Zu­schläge für Sonntags­, Feiertags­ und Nachtarbeit und für mit diesen Arbeiten zusammenhängende Überstundenzu­ schläge gemäß § 68 Abs. 1 Einkommen­ steuergesetz auf 720 Euro pro Monat.

Chance Ganzjahresanstellung

Ganzjahresanstellungen sind in stark witterungs-abhängigen Branchen wirtschaftlich nur schwer darstellbar.

  • Helfen würde die Verlängerung von Durch­rechnungszeiten für Saisonbetriebe über die Saison hinaus, kombiniert mit Gehalts­zuschüssen für Aus-­ und Weiterbildungs­zeiten.

Chance Wochenruhezeiten

Die aktuelle Regelung zum Ausgleich verkürzter nächtlicher Ruhezeiten in Gastronomie und Hotellerie verbietet, die daraus entstehende Guthaben blockweise freizunehmen. Das verhindert verdiente Kurzurlaube und Heimatbesuche.

  • Nötig wäre dazu nur eine Ergänzung im § 12 Abs. 2a Arbeitszeitgesetz „anstelle der Verlängerung einer anderen täglichen oder wöchentlichen Ruhezeit“.

Chance Beschäftigungsbewilligung binnen 10 Tagen

Ersatzkraftverfahren für die Besetzung offener Stellen sind verständlich, dass sie sich oft über Monate ziehen, nicht. Es braucht ein zeitgemäßes Modell! Deutschland gibt Stellen, die nicht in 10 Tagen besetzt werden, für Drittstaatenangehörige frei.

 

Ihr Ansprechpartner

Martin Stanits

Martin Stanits

Leitung Public Affairs & Unternehmenssprecher E-Mail senden +43 1 5330952-20
Oliver Schenk MA

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Public Affairs E-Mail senden +43 1 5330952-24

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